Sie hat Frau Weidel die Hand geschüttelt: Kesseltreiben gegen mutige CDU-Politikerin Saskia Ludwig

Dr. Saskia Ludwig, Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages

von KLAUS KELLE

BERLIN/POTSDAM – Die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig ist schon immer unbequem für ihre Partei gewesen. Allerdings auch erfolgreich, sowohl für ihre Partei, als auch für die Bürger, die sie vertritt. Denn Saskia Ludwig verkörpert noch die alte CDU, bei der man wusste, woran man ist, bei der Verlässlichkeit, Wahlversprechen und Werte noch in Stein gemeißelt waren. Verständlich, dass das heute nicht mehr jedem gefällt in der Union. Aber die Union kann nur dann wieder in die Erfolgsspur zurückfinden, wenn sie engagierte Konservative wie die gebürtige Potsdamerin aushält.

Nicht zum ersten Mal ergießt sich gerade wieder ein medialer Shitstorm über Frau Ludwig. Was hat sie getan? Obst im Edeka geklaut? Eine alte Frau mit Rolator auf dem Gehweg geschubst? Eine Bank überfallen? Nein, stellen Sie sich das mal vor: Sie hat der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel die Hand geschüttelt.

Wahnsinn, oder? Die Hand geschüttelt und „Guten Tag“ gesagt

Eine deutsche Bundestagsabgeordnete, die einer anderen deutschen Bundestagsabgeordneten im Ausland (Ungarn) zufällig begegnet und „Guten Tag“ sagt. Na, wenn das kein gesicherter rechtsextremer Verdachtsfall für den Verfassungsschutz ist, oder?

Die Spitze der Unionsfraktion, lese ich heute Morgen, gehe auf Distanz zu ihrem Fraktionsmitglied Ludwig. Weil die Frau Weidel die Hand geschüttelt hat beim konservativen ungarischen ThinkTank MCC. Und weil das leider auf einem Foto festgehalten wurde, wird passend gerade ein schöner Skandal zusammengebastelt.

Denn die künstliche Empörung gerade ist nichts weiter als eine Retourkutsche für das Scheitern der SPD-Richterkandidatin Brosius-Gersdorf.

So einfach kann Politik sein

Als bekannt wurde, was für eine Richterkandidatin die Sozialdemokraten da aufboten, war Saskia Ludwig die erste CDU-Abgeordnete, die Frau Brosius-Gersdorf öffentlich als „für die Union nicht wählbar“ bezeichnete – und das auch in Fernsehinterviews. Wahrscheinlich hat sie mit ihrem öffentlichen Vorgehen auch andere Unionspolitiker motiviert, es ihr gleichzutun und den Anordnungen der Fraktionsführend zu widerstehen.

Und schwupps, was passiert? Genau. Aus heiterem Himmel werden Plagiatsvorwürfe gegen Ludwig laut.

In ihrer Dissertation von 2007 gebe es mehrere Dutzend „nicht gekennzeichnete Übernahmen“, behauptet ein „Plagiatsexperte“ (was für ein Beruf oder?). Und die Universität Potsdam, wo zufällig die gestoppte SPD-Verfassungsrichter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf lehrt, bestätigt wie auf Bestellung sofort, sie sehe einen „hinreichenden Anfangsverdacht“.

Allein die zeitliche Abfolge stinkt zum Himmel.

Aber das Händeschütteln mit Alice Weidel von der „Schwefelbuben-Partei“ AfD ist natürlich jetzt eine Maßvorlage, die widerspenstige CDU-Dame Saskia Ludwig aus dem Spiel zu drängen.

Sofort waren die üblichen Verdächtigen am Start

Die Grüne Jugend etwa verlangte den sofortigen Ausschluss von Ludwig aus der Bundestagsfraktion. Und man fragt sich unwillkürlich, was es die Grüne Jugend eigentlich angeht, was die Unionsfraktion macht oder nicht.
Und Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann verweist gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ noch einmal auf den CDU-Parteitagsbeschluss, nach dem Koalitionen oder eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen seien. Was das allerdings damit zu tun hat, einer AfD-Abgeordneten die Hand zu schütteln, bleibt ein Rätsel.
Ich erinnere mich noch gut an das Händeschütteln vom Bundeskanzler Friedrich Merz mit der Linken-Fraktionschefin Heidi Reichninnek im Bundestag. Die Linke ist ebenso wie die AfD unvereinbar nach Beschlusslage in der CDU.

Kleine Posse am Rande
Ein Jungpolitiker namens Gregory Gosciniak (24) aus dem brandenburgischen Michendorf lieferte das, was die Welt und die CDU garantiert nicht brauchen. Er nutzte clever die Chance, sich wichtig zu machen und gab eine öffentliche Erklärung ab für die Junge CDA, eine Untergruppe der sogenannten Sozialausschüsse in der Union. „Wir sagen Nein – zu jeglicher Form der Zusammenarbeit mit der AfD“, bekräftige der forsche Jungpolitiker aus der brandenburgischen Provinz das, was ja die ganz CDU auch sagt. Als lokaler CDU-Vertreter aus Michendorf vertrete er „die CDU-Mitglieder, die Saskia Ludwig im Bundestag repräsentieren sollte“. Also der junge Herr Gosciniak aus Michendorf spricht hier für alle CDU-Mitglieder in Deutschland: Saskia Ludwig habe das Vertretungsrecht „jetzt endgültig verwirkt“. Und dagegen regt sich gleich auch Widerstand, denn wir erfahren, dass der „Mitgliederbeauftragte der JCDA“ gestern zurückgetreten ist – mutmaßlich aus Protest über Gosciniak.
Gut, dass es in dieser traurigen Posse wenigstens noch etwas zu lachen gibt.

Bildquelle:

  • Saskia_Ludwig_CDU.2: cdu bundestagsfraktion

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.