von KLAUS KELLE
WASHINGTON – Ich glaube nicht, dass der mächtigste Mann auf dem Planeten erpressbar ist. Jedenfalls ganz sicher nicht, wenn er Donald Trump heißt und Donald Trump ist, „@realDonaldTrump, wie er sich auf seinem Netzwerk Truth Social selbst nennt. Mit was sollte man einen Mann erpressen, dem man rund um den Erdball sowieso alles zutraut? Nehmen wir an, bei seinem ersten Besuch in Moskau, am 4. Juli 1987, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, hätte man Kompromittierendes über den Immobilien-Tycoon aus New York beschafft. Ja, und? Undurchsichtige Geldgeschäfte, Prostituierte? Ja, und? Man traut dem Mann sowieso alles zu – und er wird trotzdem gewählt…
Nicht, dass die russischen Geheimdienste das heute nicht immer noch täten, aber vergessen Sie nicht, dass es 1987 noch die Sowjetunion gab. Trump reiste mit seiner russischsprachigen Ehefrau Ivana nach Moskau, weil man ihn mit der Aussicht gelockt hatte, er könne auf dem Roten Platz einen „Trump Tower“ errichten lassen. Was für eine Schnapsidee, oder? Zu Zeiten der Sowjetunion, im Hort der Weltrevolution, globaler Beschützer des unterdrückten Proletariats, ein Glitzerpalast aus Marmor, Gold und Glas. Auf dem Roten Platz, ein glitzerndes Symbol für die wirtschaftliche Überlegenheit des Kapitalismus. Hat er wirklich geglaubt damals, dass die das ernstmeinten?
Ich glaube schon, denn Donald Trump ist eitel
Er ist der Typus des „Anything goes“-Tycoons. Was kostet die Welt?
Jedenfalls war Trump bis zu seiner ersten Wahlkampagne für die US-Präsidentschaft 2016 immer wieder geschäftlich in Russland, um Immobilienprojekte und sonstige Joint-Ventures voranzutreiben. Und zwischenzeitlich ging es ihm gar nicht gut finanziell, in den 90er Jahren mussten einige seiner Firmen sogar in die Insolvenz.
Reiche Russen – nennen wir sie Oligarchen – hatten viel Geld in Immobiliengeschäfte von Trump in den Vereinigten Staaten investiert. Doch in der Zeitspanne zwischen 1991 und 2009 crashten insgesamt vier Unternehmen aus seinem Kasino-Imperium in Atlantic City.
Zwei Faktoren retteten den heutigen amerikanischen Präsidenten damals
Die Deutsche Bank zum Beispiel, als das große Kreditinstitut, das Trump noch Geld gab, als andere sich längst zurückgezogen hatte. Hartnäckige Abgeordnete der US-Demokraten und der frühere FBI-Chef Mueller waren Trump und seinem Schwiegersohn Jared Kushner über Jahre auf der Spur. Doch sie konnten den Sack nie zumachen, Trump war entweder wirklich unschuldig oder einfach zu clever für seine Jäger.
Josef Ackermann, von 2002 bis 2012 Chef der Deutschen Bank, hat Trump damals mehrfach persönlich getroffen. Und Ackermann rühmte sich im Vorstand der deutschen Vorzeigebank, die international bei den Großen mitspielte damals, mehrfach seiner guten persönlichen Beziehungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Von 2014 bis 2019 war „Joe“ dann Aufsichtsratsvorsitzender der Bank of Cyprus.
Bei jeder neuen Facette, auf die man bei der Recherche in dieser Causa stößt, öffnet sich ein neuer Handlungsstrang, der eine ganz eigene Geschichte am Horizont aufflackern lässt.
Und wenn Sie graben – immer wieder stoßen Sie über kurz oder lang…auf Russland.
Die Bank of Cyprus ist die führende Bank Zyperns. Mehr als 80 Prozent der Zyprioten haben dort ein Konto. Das Geldinstitut betreibt aber auch Repräsentanzen in Rumänien, Griechenland, Russland, China und der Ukraine. Ein Schelm, wer da etwa an Geldwäsche denken würde…
Zwischen 40.000 und 50.000 russische Staatsbürger leben heute auf Zypern, das zur EU, nicht aber zur NATO gehört. Und die Russen dort sind nicht die Ärmsten. Einst waren es mehr als 100.000, durch die EU-Sanktionen hat sich auch hier vieles verändert. Doch auch heute noch stellen die Russen die größte Gruppe ausländischer Staatsangehöriger auf der Insel.
Westliche Geheimdienste haben finanzielle Transaktionen der Russen inzwischen fest im Blick. Zypern ist ein Umschlagplatz russischer Finanzgeschäfte und gilt als strategischer Stützpunkt Moskau für Oligarchen-Geldwäsche, Umgehung von EU-Sanktionen und Beschaffung von Technologie über Tarnfirmen für Russland. Erst im Oktober 2025 flog wieder ein Fall auf, wo eine Firma in Limassol Ausrüstung für ein russisches Unterwasser-Überwachungsnetzwerk kaufte, das die Operationen von U-Booten der NATO überwachen sollte.
Es sprengt den Rahmen eines Artikels hier, alle Verstrickungen Russlands mit dem europäischen Bankensektor, mit immer den gleichen Spielern aufzuschreiben. Und Geldwäsche für und mit Russland, das ist ein großes Thema, zu dem auch die Komplexe Wirecard der Tengelmann in Deutschland zählen.
Maxine Moore Carr Waters ist schon 87 Jahre alt und vertritt immer noch den Bundesstaat Kalifornien als Abgeordnete der Demokraten im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten. Donald Trump ist fast schon eine Obsession für die Frau geworden, die davon überzeugt ist, dass die Deutsche Bank eine Mittlerrolle zwischen Trump und Russland gespielt haben könnte. Beim Waschen von Geld.
Ist der aktuelle Präsident der Vereinigten Staaten erpressbar?
Hat er sich von dubiosen Oligarchen in Moskau Geld geliehen, war oder ist er in einer finanziellen Abhängigkeit von diesen Leuten?
Kaum vorstellbar, denn die Kassen beim Trump-Clan klingeln auch heute, wie in Washington geraunt wird, wieder bestens.
Bei Gipfeltreffen 2018 in Helsinki und zuletzt in Alaska nutzten Trump und Putin die Gelegenheit, sich zu zweit zu einem Gespräch zurückzuziehen.
Ohne Dolmetscher, ohne Berater. Warum?
Das fragt nicht nur Trumps erster Sicherheitsberater ab 2017, John Bolton. Der hält den US-Präsidenten bis heute für „eine leichte Beute für Putin“, der ihm haushoch überlegen sei. Aber was haben Trump und Putin denn bei ihren Hinterzimmer-Gesprächen ohne Zuhörer wirklich besprochen? „Solche Vier-Augen-Gespräche haben immer eine eigene Dynamik“, warnt Bolton. Und tatsächlich werden sich die Beiden nicht allein zusammengesetzt haben, um über Fußball zu sprechen.
Trump ist mächtig, aber er ist nicht unangreifbar
Selbst heute nicht.
Und der Grund hat nichts mit Krieg, Zöllen oder einer schwächelnden Volkswirtschaft zu tun. Der Grund, halten Sie sich fest, ist die Epstein-Affäre, die Trump nun mit aller Macht eingeholt hat,
Dass Trump Epstein kannte und ihn mehrfach getroffen hat, ist lange bekannt. Der schwerreiche Sexualstraftäter Jeffrey Epstein hatte einflussreiche „Freunde“ aus Politik und Finanzwelt jahrelang zu Sexpartys mit minderjährigen Mädchen eingeladen.
Nach Jahren wagten sich erste Opfer an die Öffentlichkeit und erstatteten Anzeige. Klarnamen von mutmaßlich etwa 170 Beteiligten an den Zusammenkünften wurden vor Gericht veröffentlich, darunter der frühere US-Präsident Bill Clinton und der britische Prinz Andrew. Der gerade von der Royal Family ausgestoßen wird.
Von Donald Trump war bisher nur bekannt, dass er den Multimillionär Epstein kannte, nicht dass er Mittäter gewesen sein könnte.
Doch nun kommt neuer Schwung in die Sache, denn aus Epsteins Nachlass wurden 23.000 Dokumente an den Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses übergeben. In einer Mail vom 2. April 2011 schrieb Epstein zum Beispiel an seine einstige Mittäterin Ghislaine Maxwell, die für ihn zahlreiche minderjährige Mädchen für „Massagen“ organisiert hatte: „Ich möchte, dass dir klar wird, dass der Hund, der noch nicht gebellt hat, Trump ist. (Geschwärzter Name) hat Stunden in meinem Haus mit ihm verbracht, er ist kein einziges Mal erwähnt worden.“
In einer weiteren Mail aus dem Jahr 2019 schrieb Epstein aus seiner Gefängniszelle an den Journalisten Michael Wolff: „Natürlich wusste Trump über die Mädchen Bescheid, da er Ghislaine gebeten hat aufzuhören.“
Das Weiße Haus wirft den Demokraten eine Schmutzkampagne gegen den Präsidenten vor. Trump selbst ignoriert bis jetzt alle Fragen zu dem Thema. Ein Dementi gibt es bisher allerdings auch nicht.
Besonders pikant: Im Präsidentschaftswahlkampf vergangenes Jahr hatte Trump immer wieder öffentlich versprochen, die Epstein-Akten für die Öffentlichkeit freizugeben.
Nun ist er seit Januar im Amt – und nichts passiert
Das sorgt zunehmend für Missvergnügen in seiner konservativen und christlichen Anhängerschaft. Natürlich gilt auch für Trump die Unschuldsvermutung, bisher gibt es keine Beweise für eine aktive Tatbeteiligung, außer Epsteins Anspielung, Trump habe bei einem Treffen in seinem Haus stundenlang allein mit einem der „Mädchen“ in einem Zimmer verbracht. Aber wer weiß, vielleicht haben sie Fernsehen geguckt und Chips zusammen gegessen. Möglich.
Der verurteilte Sexualstraftäter Epstein hat sich übrigens 2019 in seiner Gefängniszelle in New York erhängt. Im Obduktionsbericht wird Suizid als Todesursache genannt. BIs heute wollen viele der Verschwörungstheorien absolut zugeneigten MAGA-Fans diese Version nicht glauben…
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