Den Spitzenkandidaten auswechseln? Auf dem Wahlzettel steht nicht Armin Laschet, da steht CDU

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet will in der heißen Wahlkampfphase angesichts einbrechender Umfragewerte stärker als bisher auf ein Team setzen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

von KLAUS KELLE

BERLIN – Die Stimmung in der Union ist sechs Wochen vor der Bundestagswahl mit katastrophal noch zurückhaltend umschrieben. CDU und CSU nur noch hauchdünn vor der längst abgeschriebenen SPD, Kanzlerkandidat Armin Laschet in Beliebtheitsumfragen hinter den grünen Laiendarstellerin Annalena Baerbock, das muss man erstmal hinbekommen. Vom Adenauer-Haus und aus der Spitze der Bundestagsfraktion wird laut im Walde gepfiffen, doch viele Abgeordnete und insbesondere die mit eigentlich sicheren Wahlkreisen diskutierten hinter verschlossenen Türen ernsthaft über ein noch nie dagewesenes Szenario: Den Austausch des Kanzlerkandidaten wenige Wochen vor der Wahl.

Der Druck auf Armin Laschet ist dabei gewaltig. Heute Nachmittag muss er sich im Berliner Tempodrom beweisen und seine Partei aus der Lethargie reißen. Medien berichteten vergangene Tage von internen Chatgruppen hauptamtlicher Mitarbeiter der CDU, die angesichts der schwachen Performance des Aaacheners von einem – wörtlich – „Wahlkampf from Hell“ sprechen. Die falschen Themen, schlechtes Krisenmanagement beim Hochwasser, Herumgeeiere mit Friedrich Merz und Hans-Georg Maaßen. Und dann trauert der Bundespräsident im Hochwassergebiet um die Opfer, während Laschet im Hintergrund seinem Ruf als rheinische Frohnatur gerecht und natürlich dabei fotografiert wird.

Armin Laschet ist persönlich ein sympathischer Kerl, aber die Schuhe eines Bundeskanzlers sind erkennbar zu groß für ihn. Adenauer, Kohl, Schröder, Merkel, Laschet – da könnte man ein Gewinnspiel im Privatradio machen mit der Frage: Was passt nicht in diese Reihe? Ich kenne die CDU wirklich sehr gut von innen, an der Basis sowieso aber auch viele Funktionäre und Mandatsträger. Ich habe intensiv darüber nachgedacht, und mit ist außer einer Staatssekretärin in Düsseldorf nicht ein einziger Mensch eingefallen, der wirklich begeistert von Armin Laschet ist. Man beschreibt ihn mit Sätzen wie „das macht er doch gar nicht so schlecht“, jeder weiß, dass er nicht CDU-Vorsitzender wurde, weil er besser ist als die anderen Kandidaten, sondern ausschließlich weil sich alle jahrlangen Nutznießer des Systems Merkel zusammengetan haben, um bloß Friedrich Merz zu verhindern. Denn das wäre für das Kartell der Mittelmäßigkeit der Supergau. Merz, wirtschaftlich komplett unabhängig von Politik und Partei, glänzender Redner, hohe Wirtschaftskompetenz – ein Albtraum für die Leute in der Blase, von denen viele in einem normalen Berufsleben niemals Status und Geld in dieser Größenordnung ernten würden. Merz ist eine dramatische Gefahr für den trägen Funktionärsapparat, weil er Politik nicht macht, um gut leben zu können, sondern um dieses lethargische und zunehmend freiheitsfeindliche Land wieder aufzurütteln.

Und dabei ist er nicht allein, ich selbst reibe mir die Augen, wie viele gute Leute da immer noch sind und wie viele gute neue Leute nachkommen. Auch all die CDU-Hasser, die aus verschmähter Liebe in den Vernichtungskampf gegen die Union ziehen, haben nicht den geringsten Plan, wie es denn weitergehen soll. Lafontaine ist bei der SPD gescheitert und hat die Linke zur politischen Kraft geformt, um seine alter Partei so brutal fertigzumachen, wie es irgendwie geht. So wie Gaulands wichtigste Antriebsfeder in der AfD zu sein scheint, seiner alten Partei, von der er sich wahrscheinlich zu recht schlecht behandelt fühlt, mächtig aufs Maul zu hauen. Politik ist selten rational. Oder wäre ein Heiko Maas sonst jemals Bundesaußenminister geworden?

Aber ohne die Union – ohne eine andere Union – ist ein Politikwechsel in Deutschland auf viele Jahre unmöglich. Reine Mathematik. Egal, wie das ausgeht am 26. September, es ist der letzte Tag dieser Katastrophe namens Merkel und all der Mitläufer, all der Altmeiers, Schavans, Günther, Polenz‘. von der Leyens, all dieses kaum noch zu ertragenden Personals, das die Parteienfamilie Konrad Adenauers, Helmut Kohls, Franz-Josef Strauss‘, aber auch eines Dreggers, Kochs, Blüms und Stoltenbergs an die 20-Prozent-Grenze heruntergewirtschaftet hat.

Der Kampf ist noch nicht vorbei. Der Kampf um unser aller Zukunft, vor allem aber um die Seele Deutschlands. Dieses großartigen Landes im Herzen Europas, in dem sich die bürgerlichen Parteien eine Gesellschaft haben aus den Händen reißen lassen. Es wird viele Jahre dauern mit all den Sozialismus-Träumern und Gender-Spinnern fertigzuwerden, die man an die Schaltstellen der Macht hat kommen lassen, ganze Gender-, Klima-, Feminismus-Industrien, alles von uns bezahlt, ein Staatspropagandafunk, dem wir alle jedes Jahr Milliarden zuführen für ein weitgehend überflüssiges Programm. Jeder Bürgerliche ist gefragt, jetzt etwas zu tun, vom Sofa aufzustehen, am Arbeitsplatz, am Stammtisch, in der Familie darüber zu sprechen, was hier los ist. Organisieren Sie sich, gehen Sie auf die Straße oder treten Sie in eine Partei ein, aber machen Sie endlich etwas, damit dieser von einer Frau Merkel aus der Uckermark eingefädelte Albtraum endlich ein Ende findet!

Alles, was nicht linksgrüne Ideologie ist, muss mitmachen. Es ist völlig wurscht, ob Sie CDU, CSU oder FDP, AfD oder Freie Wähler ankreuzen – ihre Entscheidung. Ich weiß selbst noch nicht, wer meine Kreuze am 26. September bekommen wird. Meine Überzeugung seit zwei Jahren ist, dass es erst nach der Bundestagswahl richtig losgehen wird. Zählen wir durch, und dann wissen wir, was wir mit dem Ergebnis machen können – oder auch nicht.

Also, kann die Union auch jetzt noch Herr Laschet vom Kandidaten-Thron stürzen? Natürlich kann sie das, denn Herr Laschet steht gar nicht auf dem Wahlzettel. Da steht CDU. Sonst nix. Wie ich die Partei kenne, würde sowieso das größte Problem sein, sich auf einen anderen Kandidaten zu einigen. Manche wollen Söder, aus welchen Gründen auch immer. Ich wiederhole mich: Merz Kanzlerkandidat, Maaßen Innenminister – und die Union wäre nächsten Freitag über 30 Prozent. Und es gibt verdammt viele gute Abgeordnete und Bewerber, Herrn Ploß aus Hamburg, Frau Pechstein aus Berlin, Herrn Nienhaus und Herrn Hüppe aus NRW, und dann die Namen, die Sie alle kennen: Pantel, Bellmann, Willsch, Mohring, Ludwig, Schimke und und und. Ich habe das erste Mal seit ich 18 bin das Gefühl, für CDU-Anhänger ist dieses Mal die Erststimme wichtiger als die Zweitstimme. Weil nur dann, wenn starke Persönlichkeiten das Bild der neuen Unionsfraktion im Bundestag prägen, hat die CDU noch eine Chance. Wenn die Apparatschiks, die über clevere Listenmauscheleien da reinrutschen, um sich über ihre Altersversorgung zu freuen, die Zukunft sein sollen, dann war es das endgültig.

Bildquelle:

  • Armin Laschet: dpa

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.