Der Mammut-Prozess gegen die Umsturz-Gruppe von Prinz Reuß beginnt

Liebe Leserinnen und Leser,

am Montag beginnt ein Prozess, wie es ihn in dieser Form in Deutschland noch nicht gegeben hat. Es geht um Terrorismus, um Vorbereitungen zum Sturz der Regierung – und die Verschwörer entstammen dem dubiosen „Reichsbürger“-Milieu.

Am 7. Dezember 2022 hatten 3000 Polizisten 130 Wohnungen und Häuser in mehreren deutschen Bundesländern, Österreich und Italien gestürmt. 25 Personen aus einem Reichsbürger-Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuß wurden damals festgenommen. Sie sollen einen Putsch geplant, ja konkret vorbereitet haben, der den Sturz der gewählten Regierung und den Aufbau eines neuen Deutschlands zum Ziel hatte.

Nicht wenige Menschen hielten das damals für maßlos übertrieben

Zwei Dutzend Rentner mit ausgeprägtem Hang zur Esotherik – und dann so eine Polizei-Armee aufmarschieren zu lassen…war das wirklich notwendig?

Jetzt, 16 Monate später, stellt sich die ganze Veranstaltung längst nicht mehr als eine heitere Farce dar, wie die Generalstaatsanwaltschaft u. a. auch auf der Basis von Geständnissen zusammengetragen hat.

„Das ist eines der größten Staatsschutzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik“, fasst Andreas Singer, Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, zusammen. Beweise und Indizien sind auf 400.000 Blatt zusammengefasst. Aufgeteilt wird das Verfahren auf die Oberlandesgerichte (OLG) Stuttgart, Frankfurt und München.

„Das sind keine netten Onkel, die irgendwelche komischen Ideen hatten“

So sagt Singer und schildert gegenüber der dpa Konkretes. Die Gruppe Reuß hatte vor, bewaffnet in den Reichstag einzudringen, um dort Mitglieder des Bundestages festzunehmen und so den Systemabsturz herbeizuführen. Weitere Beteiligte sollten bundesweit mit Waffengewalt Institutionen auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene in ihre Gewalt bringen, wofür 286 militärisch organisierte „Heimatschutzkompanien“ vorgesehen waren. Die Angeklagten hätten Tote in Kauf genommen, behauptet die Bundesanwaltschaft.

Erstes „militärisches Personal“ sei bereits rekrutiert worden, Schießtrainings hätten stattgefunden. Die Gruppe Reuß habe zum Zeitpunkt des Zugriffs über mehrere hundert Waffen und mindestens 148.000 Munitionsteile sowie etwa 500.000 Euro verfügt. Der Angeklagte Maximilian E. gab zu, dass unterirdische Gänge unter dem Reichstag und anderen Parlamentsgebäuden ausgekundschaftet worden seien.

Zu den Beschuldigten gehören neben Heinrich XIII Prinz Reuß und dem ehemaligen Oberst und Kommandeur des Fallschirmjägerbattalions 251, Rüdiger P. auch die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann sowie der frühere Bundeswehroffizier Maximilian E..

Nein, dieses Verfahren ist nicht lustig, auch wenn es wenig wahrscheinlich scheint, dass man so einfach die deutsche Bundesregierung stürzen könnte. Aber wenn es irgendwo möglich wäre…dann zweifellos in Deutschland.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.