Liebe Leserinnen und Leser,
am Abend zum Spargelessen bei guten Freunden eingeladen. Herrlich, mein erster Spargel im neuen Jahr, zerlassene Butter, Kartoffeln, Bärlauchcreme und dann ein Flens dazu – das kann man machen.
Wir haben uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht: Wie laufen die Geschäfte? Wo habt ihr euch eigentlich kennengelernt? Was wird im Haus gerade umgebaut? Auf welche Schulen gehen die Kinder? Und was stimmt nicht im Kopf dieser Frau von Maria 2.0 in der Pfarrgemeinde? Ein wunderbarer Abend.
Irgendwann später dann – unvermeidlich in dieser Zeit – das Thema Ukraine-Krieg.
Wenn Putin die Landverbindung von der Krim im Süden entlang zum Staatsgebiet der Russischen Föderation doch unter Kontrolle hat – warum befiehlt er seinen Soldaten nicht endlich, mit dem Morden, Zerstören und Vergewaltigen aufzuhören in der Ukraine? Gestern war UN-Generalsekretär Guterres am grotesken langen Tisch im Kreml und hat angeboten, dass die Vereinten Nationen dabei helfen können, einen humanitären Korridor aus dem inzwischen weltbekannten Stahlwerk Azovstal zu organisieren, damit die etwa 1000 Zivilisten im Bunker unter dem Werk sicher da rauskommen. Und aus dem vollkommen zerstörten Mariupol insgesamt. Putin wie immer bei solchen Verhandlungen: Im Grundsatz ja, aber… Und nichts passiert dann.
So wie es aussieht, muss man kein Militärstratege sein, um zu wissen, dass sich am Status Quo jetzt nicht mehr viel ändern wird. Klar, die Russen wollen vermutlich Odessa noch einnehmen und die Ukraine ganz vom Schwarzen Meer abschneiden. Wenig wahrscheinlich, dass das gelingt, wenn man die ersten zwei Monate des Krieges nüchtern betrachtet. Und wirklich ausgeschlossen, dass Präsident Selenskyj einen Friedensvertrag unterschreiben würde, der das festschreibt.
Warum also nicht endlich aufhören, sich gegenseitig umzubringen?
Ich weiß es nicht, meine Freunde wissen es nicht, und Sie wissen es vermutlich auch nicht. Was jetzt passiert im Süden und Osten der Ukraine ist so unfassbar sinnlos. Ich hätte niemals gedacht, dass so etwas wirklich passiert. Aber es passiert trotzdem.
Liegt es an der großen Parade am 9. Mai auf dem Roten Platz, wo sich Putin als Sieger feiern lassen wird? Gut möglich, denn dieser Krieg in der Ukraine ist jetzt schon rational nicht mehr zu begründen. Warum also nicht einfach konsequent aufhören, gleich heute früh um 8 Uhr?
Ich glaube, dass die Waffen in der Ukraine Mitte Mai schweigen werden. Nach der „Siegesparade“, die alles andere als einen Sieg in der Ukraine demonstrieren kann. Zu hoch sind die Verluste an russischen Menschenleben und Material, zu viele Familien in Russland, die ihre gefallenen Söhne betrauern. Und für was? Letzlich für nichts. Und weil ich denke, dass auch in Moskau irgendwer noch rational denken und die nachhaltigen Schäden für das größte Land der Erde eingrenzen muss.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle