Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
und wie so oft ist es kein guter Morgen, wenn man sich erstmal einen Überblick über die Weltlage am Morgen verschafft hat für den „Frühen Vogel“. So nennen die Amis den „President’s Daily Brief“ (PDB) flapsig: „Early Bird“, die Übersicht über den aktuellen Schmutz der ganzen Welt: streng geheime Berichte der US-Geheimdienste, die wichtigsten aktuellen Informationen und Analysen zu globalen Krisenherden, nationalen Sicherheitsbedrohungen und verdeckten Operationen.
Das neue 33-seitige Strategiepapier der US-Regierung, das die „Nationale Sicherheitsstrategie“ festschreibt, ist nicht geheim und passt zum Präsidenten Donald Trump wie die Faust aufs Auge. Es ist erratisch, es ist disruptiv, zerstörerisch und zugleich klug.
Hoffentlich werde ich so alt, im Nachhinein einmal zu sehen, wie Historiker die Präsidentschaft dieses ungewöhnlichen Präsidenten beurteilen werden. Als genial oder völlig irre…
Das Papier, das für so große Aufregung in den Hauptstädten der EU sorgt, beschwört die „zivilisatorische Auslöschung“ des europäischen Kontinents und lässt keinen Zweifel daran, dass die Regierung in Washington „ein völlig anderes Europa sehen möchte“.
Und die Analyse ist leider richtig
Europa, die Europäer, haben sich über Jahrzehnte nicht auf eigene Stärken besonnen, sondern sich – insbesondere bei der Verteidigung, blind auf die Amerikaner verlassen.
Das begann schon in den 80er Jahren, wenn man es genau betrachtet.
Als ich 1980/81 meinen demals 18-monatigen Wehrdienst leistete, war ein Spruch beim Bier in der Kantine abends, wir – die Bundeswehr, seien die Trachtengruppe, die im Ernstfall den Feind so lange unterhalten muss, bis die Amis kommen und uns raushauen.
Diese Zeit ist Gott sei Dank endlich vorbei
Und zu verdanken haben wir das ausgerechnet einem KGBler mit nationalen Minderwertigkeitskomplexen, der uns und der ganzen Welt vor Augen geführt hat, in was für einer trügerischen Sicherheit wir uns all die Jahre bräsig wenig bewegt haben.
Ja, die Staaten Europas sind aufgewacht inzwischen, ich bin froh, dass Deutschland auch dazu gehört. Aber das Umsteuern eines Dickschiffs wie dem deutschen ist eben auch nicht in ein paar Monaten zu machen. Vor allem, wenn es nicht nur um neue Waffen und die Mobilisierung von Soldaten geht, sondern, wenn der Feind mit im eigenen Bett liegt.
Es gibt immer eine Vorgeschichte
So hört man häufig im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Und das ist wahr. Hätte man Putin 2001 nach seiner Rede im Bundestag anständig und fair behandelt, das alles danach wäre vielleicht nie passiert.
Aber alle, die jetzt schimpfen, dass die oppositionelle AfD inzwischen eine beeindruckende Neben-Außenpolitik auf die Beine gestellt hat, vergessen eben auch, dass sie selbst die AfD mit dem Ausschluss von politischer Teilhabe praktisch dazu gezwungen haben, ihr eigenes Ding zu machen. Und sie machen es gut.
Aber sie machen es nicht im deutschen Interesse. Patrioten sollten immer für ihr Land einstehen, und erst weit danach für politische und persönliche Interessen. Wenn die AfD Zeit ihres Bestehens für die Wiedereinführung der Wehrpflicht eintritt, ein Bundesparteitag das sogar mit 70 Prozent Zustimmung beschlossen hat fürs Wahlprogramm, und dann kommt Putin ins Spiel, und plötzlich ist alles anders, dann nenne ich das Heuchelei.
Ja, Friedrich Merz hat zentrale Wahlversprechen gebrochen, manche nennen das Lügen. Aber die AfD ist die letzte Partei, die sich darüber künstlich erregen sollte, wenn man selbst Grundsätze sofort über Bord schmeißt, wenn es politisch opportun ist.
So wie gerade der Thüringer Rechtsausleger Björn Höcke, der allen Ernstes davon schwurbelt, Deutschland, wo „Dragqueens“ in Kindergärten aufträten, sei es nicht Wert, verteidigt zu werden.
So, als ob eine Idioten-Aktion in Berlin der Alltag in Deutschland wäre. Und Hunderttausende Kinder überall in Deutschland deshalb nun nicht mehr beschützt werden müssten.
Zu den deprimierendsten Erfahrungen dieser Zeit gehört, wie viele Deutsche, die sich Patrioten nennen und wahrscheinlich auch selbst so verstehen, bereit sind, das eigene Land und Millionen Mitbürger zu verraten und zu opfern. Die gleichen Leute, die einst gruselig auf Michel Houellebecqs internationalen Bestseller „Unterwerfung“ verwiesen, fordern nun Unterwerfung der Ukraine und Unterwerfung bei uns, frei nach dem Wirrkopf Dugin, mit seinem Fiebertraum vom russisch dominierten „Eurasien“ vom Ural bis Portugal
Man könnte lachen über solchen Schwachsinn, aber Schwachsinn ist in Mode
Und viele Bürger besonders, aber nicht nur, in Ostdeutschland geben sich solchen Gedenken im Stil des Stockholm-Syndroms gern hin. Jetzt zeigen wir es den scheiß Wessis aber mal so richtig und den Amis.
Im Trump-Papier wird von der „zivilisatorischen Auslöschung Europas“ gesprochen, und wer sieht, wie rasant sich unser Land seit der unverantwortlichen Grenzöffnung 2015 und der folgenden millionenfachen Massenmigration aus dem islamischen Kulturkreis verändert hat, der weiß, dass die Amis recht haben.
Feinde im eigenen Bett, da sind sie wieder. Islamistische Kämpfer, IS-Messerstecher, hochkriminelle Araber-Clans. Und wir haben es zugelassen, unsere politische Elite hat es zugelassen.
Die USA wollen „das stärkste, reichste, mächtigste und erfolgreichste Land der Welt für die kommenden Jahrzehnte bleiben“, formulieren die Strategen in DC, und das ist ihr gutes Recht. Es ist auch gut für die Welt, wenn die USA der entscheidende weil mächtigste Ordnungsfaktor auf der Welt ist. Wenn Russland oder der Iran das mal werden, dann Gnade uns Gott…
Die USA wollen kein Weltpolizist mehr sein
Sie lehnen eine „dauerhafte amerikanische Dominanz über die gesamte Welt“ ab und fordern, dass ihre Verbündeten nicht länger „Kosten ihrer Verteidigung auf das amerikanische Volk abwälzen“. Natürlich, seltsam, dass das vor Trump nicht schon mal jemand gesagt hat.
Und die USA wollen nicht mehr in Konflikte verwickelt werden, die sie nichts angehen. Lasst die Leute sich doch irgendwo am anderen Ende der Welt gegenseitig umbringen, wenn sie unfähig sind, das allein zu verhindern! Was geht es die USA an?
Die Analysten in Politik und ThinkTanks sind sich weitgehend einig: Die Amerikaner wollen Europa schwächen. Wenn sich die Länder auf dem alten Kontinent selbst zerstören, wollen sie nicht mehr hineingezogen werden.
Und wer sich in Europa selbst aufgibt, der ist halt auch kein Verbündeter der USA mehr. Punkt.
Es fühlt sich nicht gut an, schmerzlich erfahren zu müssen, dass der reiche Onkel jenseits des großen Teichs vielleicht schon bald gar nicht mehr unser Onkel sein will. Und da hilft auch nicht die Hoffnung mancher, dass der Trump-Spuk in zwei Jahren vorbei sein könnte und dann alles wieder gemütlich weitergeht. Das halte ich für ausgeschlossen.
Wir erleben eine Zeitenwende, die weit über das hinausreicht, was Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz sich auch nur vorstellen konnte, als er 2022 das Wort mal gebrauchte.
Benedikt Franke (44), CEO der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), sagte gerade gegenüber der BILD: „Die Ablehnung der Europäischen Union ist deutlicher als je zuvor.“
Er fühle sich an die Anti-EU-Rede von US-Vizepräsident JD Vance (41) bei der MSC im Februar erinnert. „Egal, wie man das Dokument liest, muss klar sein, dass wir als Deutschland und als EU noch viel härter arbeiten müssen, um unsere strukturellen Schwächen endlich richtig anzugehen und unsere Vorteile auszunutzen und auszubauen.“
Genau so!
Den Kopf in des Sand stecken, das darf keine Option sein. Es ist schon irre, dass ein russischer KGB-Agent und ein amerikanischer Immobilientycoon uns die Augen öffnen müssen, damit wir begreifen, welche Kraft und Energie wir mobilisieren müssen und – davon bin ich überzeugt – auch werden, um ein selbstbewusster Machtfaktor in der Welt zu werden – bei Wirtschaft und Verteidigung. Und das ist möglich, auch für ein Bündnis souveräner europäischer Staaten mit Deutschland in der Mitte.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Klaus Kelle