Habecks neue Welt

Dunkle Wolken lassen nichts Gutes für die zukunft erahnen.

von DANNY SEIDEL

BERLIN – „Erst fünf Tage her, und doch schon legendär!“ So könnte man den, auf allen Seiten gewaltige Resonanz auslösenden Auftritt von Wirtschaftsminister Habeck bei Maischberger am vergangenen Mittwoch wohl getrost bezeichnen. „Dann sind die nicht insolvent, automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen.“

Selten wurde ein Satz so schnell zum geflügelten Wort und brachte in Rekordzeit so viele sarkastische Abwandlungen und Memes hervor, die wild geteilt auf jedem Handy Einzug hielten. „Menschen, die kein Gas mehr bezahlen können, frieren dann nicht, automatisch. Sie hören nur auf zu heizen“ ist dabei bislang mein persönlicher Favorit, bei dem einem das Lachen inklusive des Brötchens von vorgestern im Halse stecken bleibt.

Dabei sind beide Aussagen, zumindest formal-logisch, durchaus zulässig. Denn wer sein Gas nicht mehr bezahlen kann, friert nicht automatisch. Das ist kein zwangsläufiger Schluss. Es stehen, ja, wie versprochen, bald Wärmehallen zur Verfügung, in denen man es hübsch kuschelig und gesellig haben kann. Es sei denn, man lebt als alter Mensch in irgendeinem gottverlassenen Kaff in Brandenburg, wo eine solche Bereitstellung durch unsere, uns liebevoll umsorgenden Volksvertreter wohl unwahrscheinlich sein dürfte. Oder, ebenfalls denkbar: man hatte auch schon zuvor kein Geld, zum Beispiel um die explodierenden Lebensmittelpreise zu bezahlen. Wer bereits verhungert ist, kann nicht frieren, und somit wäre daran argumentativ nichts auszusetzen.

Niemand verhungert wegen finanzieller Sorgen

Aber das ist alles natürlich nur Panikmache aus der rechten Ecke, denn bereits am nächsten Tag verkündete Christian Lindner via Twitter: „Aufgrund von finanziellen Sorgen wird in diesem Land in diesem Winter niemand frieren und niemand hungern!“ Großartig, oder? Ein Satz, der ehemals viertgrößten Industrienation der Welt würdig! Bislang vermutlich eher zu hören in Tschad oder Burundi. Und auch da dürfte dessen Glaubwürdigkeit angezweifelt werden.

Außerdem schränkt „wegen finanzieller Sorgen“ das Versprechen in seinen Bedingungen ein. Denn hungern und frieren kann man auch ohne finanzielle Sorgen, sollte es zu flächendeckenden Blackouts, Zusammenbrüchen der Lieferketten und langfristigen Versorgungsausfällen kommen.

Aber auch dazu kommt es ja nicht, schon gar nicht, wenn wir alle fleißig Energie sparen. Übergriffige, entwürdigende Spartipps wie Duschverzicht und Waschlappenmehrfachgebrauch sind dabei sicher zielführend. Laut Habeck ist das ja auch keine bevormundende Du, Du, Du!- Kampagne. Nein, hier werden ganz sachliche, sinnvolle Hinweise gegeben. Wie zum Beispiel der auf den hydraulischen Abgleich, „denn das wissen viele ja gar nicht“. Gute Idee! Was viele auch nicht wissen, ist, dass dieser Check im Schnitt 1200 Euro kostet, oftmals dann noch die Heizkörperventile für 100 bis 150 Euro je Stück ausgetauscht werden müssen, man dann aber langfristig durchaus um die fünf Prozent Heizkosten sparen kann.

Man fragt sich unwillkürlich, in welcher Welt ein Robert Habeck lebt, dass er glaubt, Menschen mit geringem Einkommen oder mickeriger Rente, die ohnehin keinen Cent auf der Naht und somit panische Angst vor den kommenden Rechnungen haben und, wären in der Lage, solche Investitionen zu tätigen- die sich, wenn überhaupt, erst in vielen Jahren amortisieren.
Nun, in einer eigenen, muss man annehmen. In einer ganz neu gedachten, höchstwahrscheinlich.

Immerhin erinnert er sich noch dunkel „an die alte Zeit, in der er noch selbst zum Bäcker ging“, jetzt aber zumindest vom Hörensagen weiß, dass Brötchen mittlerweile doppelt so teuer sind.
Das ist aber alles nicht schlimm, denn er ist schließlich Visionär. Er will in einer Welt leben, in der er aus einer Toilette trinken kann, ohne Ausschlag zu bekommen. In einer Welt, in der man als Wirtschaftsminister die Gasumlage grandios vergurken kann, weil „wir aber nicht wussten, das muss man ehrlicherweise sagen – und niemand wusste das – wie dieser Gasmarkt verflochten ist, wie er im Undurchsichtigen, …“ Der vollständige Satz wird im übrigen nach hinten nicht besser. In einer Welt, in der er als Kinderbuchautor und damals schon Repräsentant des grünen Milieus der akademischen Mittelschicht, einen Stromausfall als großes Abenteuer romantisiert und sich dieser Schwachsinn auch noch verkauft.

Und er verkauft sich – besser als je zuvor.

Ja, er lebt bereits in einer neuen Welt. In der viele glauben, ein Blackout hätte etwas mit altmodischem Lagerfeuerfeeling zu tun und würde die Menschen bei Kerzenschein doch näher zusammenbringen. Dass binnen 48 Stunden Plünderungen, Gewalt und Chacos herrschen würden, kommt in vielen weltfremden Köpfen offenbar gar nicht vor. In dieser neuen Welt springen die Fans Habeck auch nach seinem Maischberger-Ausfall sofort beiseite und verweisen darauf, dass viele Betriebe ja auch die Coronalockdowns überlebten, Eisdealen, Freibad-Kioske oder Weihnachtsbaumverkäufer ja schließlich viele Monate im Jahr ebenfalls nichts verdienen und Konzerne wie Amazon oder Apple in den ersten Jahren auch nur Verluste gemacht hätten.

Großmütig könnte man annehmen, dass all dies nur auf Verklärung, Naivität und völlige Realitätsferne zurückzuführen ist, was keine Entschuldigung, aber immerhin eine Erklärung sein könnte.
Weniger großmütig kommt langsam der Verdacht auf, dass die Grünen einen regelrechten, parteienübergreifenden Kult ins Leben gerufen haben, der massiv die Ratio angreift und dennoch, oder gerade deswegen bdgeisterten Zulauf findet. Das ganze mit dem vorsätzlichen Ziel, uns von Energiequellen abzuschneiden, Individualmobilität, persönlichen und nationalen Wohlstand zu verunmöglichen, den inneren Frieden zu zerstören und uns im Anschluss alle nach ihren totalitären, neuen Weltvorstellungen tanzen zu lassen. Sehr weit davon entfernt sind wir leider nicht mehr.

Bildquelle:

  • Dunkle_Wolken_2: pixabay

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