Was ist aus der schönsten Nebensache der Welt geworden?

von KLAUS KELLE

Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Das besagt eine gängige Floskel, die abends in der Eckkneipe gern als Binsenweisheit wiedergekaut wird. Bill Skankly, ehemaliger Manager des FC Liverpool sieht das anders: „Einige Leute halten Fussball für eine Frage von Leben und Tod. Ich bin von dieser Einstellung sehr enttäuscht. Ich versichere Ihnen, dass es viel viel wichtiger als das ist.“

Dieses bekannte Zitat von Shankly kam mir heute in den Sinn, als ich von den ekelhaften Ausfällen und Ausschreitungen eines Teils der Fans von Borussia Dortmund am Samstag gegen Mannschaft und Mitreisende des RB Leipzig erfuhr. Leipzig ist ein Senkrechtstarter, ein Club mit viel Geld aus dem Marketing-Etat von Red Bull ausgestattet. Man kauft Trainer und Spieler, die man braucht und hat so Erfolg. Kommt Ihnen das bekannt vor? Ja, das machen alle Clubs so, die reichlich Geld haben. Woher auch immer. So wie vor Jahren TSG Hoffenheim, der mit Unterstützung eines großen Mäzens vom Dorfclub zum Bundesligisten geworden ist.

Nicht wenige Fußball-Fans in Deutschland verachten Leipzig und Hoffenheim dafür, dass sie plötzlich bei den Großen mitspielen, während Vereine mit großer Tradition wie Kaiserslautern, Braunschweig oder Bochum in der Zweiten Liga rumdümpeln. Sie verachten auch die Werkklubs aus Wolfsburg und Leverkusen, die mit den Millionen von VW und Bayer groß geworden sind. Nur, dass da der Hass nicht mehr so groß ist. Auch weil es ja jetzt Leipzig gibt.

Aber was sich vorgestern in Dortmund abgespielt hat überschreitet jede rote, sagen wir schwarz-gelbe Linie. Gegenseitige Beleidigungen von Fangruppen gehört samstags zur Stadionfolklore und ist meistens nicht ernst zu nehmen. Nackte Gewalt gegen gegnerische Fans und Polizeibeamte aber ist durch nichts zu rechtfertigen. Es gibt immer Vereine, die einen harten Kern von Hooligans haben – nicht zu verwechseln mit sogenannten „Ultras“, die in der großen Mehrzahl absolut friedlich sind. Und es gibt Begegnungen wie Schalke gegen Dortmund, die immer heiß sind und von intensiven Sicherheitsmaßnahmen begleitet werden. Aber dieser sinnlose Hass auch gegen harmlose Familien mit kleinen Kindern und diese brutale Gewalt erfordern eine knallharte Reaktion von Liga, BVB und Polizei. Und drastische Strafen, nicht nur ein Stadiuonverbot für zwei Spiele. Hey, es geht nicht um Krieg und Frieden, es geht um Fußball! Angeblich die schönste Nebensache der Welt…

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.