Kaminabend mit Steuerunterlagen: Im Sumpf der Flussniederung von Ribnitz-Damgarten

Liebe Leserinnen und Leser,

zum Start in den Tag möchte ich gemeinsam mit Ihnen auf einen Skandal zurückkommen, der keiner sein darf.

Sie erinnern sich an die wackere Sachbearbeiterin des Finanzamtes Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern, über die wir kürzlich berichteten? Die beiden Stadtteile Ribnitz und Damgarten werden durch die breite sumpfige Flussniederung getrennt, erfahre ich bei Wikipedia. Und ja, Flussniederung und sumpfig sind gute Begriffe für das, über das ich Ihnen heute Morgen erzählen möchte.

Als nämlich die Vorgesetzten der Finanzamts-Sachbearbeiterin immer drängender nach den Steuerunterlagen der dubiosen „Klimastiftung“ fragten, die ganz offenbar gegründet wurde, um mögliche Gegenmaßnahmen gegen den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zu unterlaufen, stellte die Dame von der Finanzbehörde irgendwann fest, dass sie diese Unterlagen tatsächlich besitzt. Irgendwo auf ihrem Schreibtisch lagen sie herum. Und vor lauter Freude, dass alles da ist, fuhr sie dann mit den Finanz-Unterlagen der „Klimastiftung“ abends zu einer Bekannten, um jedes einzelne Blatt in deren Kamin zu verbrennen.

Wenn Sie allein über diesen Vorgang einen Moment in Ruhe nachdenken, dann wird Ihnen klar, dass in Schwesigs sympathischen Küstenland noch viel mehr zu finden sein dürfte.

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, oder?

Um Nord Stream 2 zu realisieren wurden hinter den Kulissen Strippen gezogen, wurde getrickst, wurden in Edelestaurants politische Deals verabredet. Hoffentlich macht Hollywood oder meinetwegen ein begabter deutscher Regisseur daraus bald einen Film. Mittendrin Darsteller, die Manuela Schwesig, Gerhard Schröder und Matthias Platzek ähnlich sehen.

Nord Stream 2 war das ambitionierte Nachfolgeprojekt der seit 2011 existierenden Pipeline Nord Stream 1. Am 8. September 2005 unterzeichneten Gazprom, die BASF-Tochter Wintershall und E.ON den Vertrag für eine Betreibergesellschaft – in Anwesenheit von Altkanzler Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin. Und damit sollte Deutschlands nahezu totale Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zementiert werden.

Als Schröder kurz darauf mit seiner SPD die Bundestagswahl verlor, bekam er überraschend einen neuen Job angeboten: Aufsichtsratschef der Betreibergesellschaft der geplanten Pipeline.

Ein deutscher Regierungschef wechselt nach seiner Abwahl nahtlos in die Dienste eines anderen Staates, der, wie jeder spätestens in diesen Monaten sehen kann, alles andere als unser Freund ist.

Der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle nannte Schröders Jobwechsel eine „Respektlosigkeit gegenüber seinem früheren Staatsamt“. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer ergänzte: „Das ist unter dem Strich eine lupenreine Vetternwirtschaft.“

Und Matthias Platzeck, frisch gewählter SPD-Chef assistierte: „Ich halte Gerhard Schröder für einen völlig integren Mann.“

Mer kenne us, mer helfe us, nennen Kölner diese Art von Korruption

Nicht nur durch den Kaminabend der Finanzbeamtin aus Ribnitz-Damgarten (toller Name!) kommen immer mehr Nebenstränge dieser Nord Stream 2-Geschichte ans Tageslicht.

Gestern berichtete das Magazin „Focus“, dass 80 Firmen damals Verträge mit Schwesigs sogenannter „Klimastiftung“ abgeschlossen hatten, um mögliche US-Sanktionen zu umgehen. Darunter die Tochterfirma eines amerikanischen Unternehmens aus Ohio. Klar, wenn es Geld zu verdienen gibt, da sind sie global ganz vorne, unsere Freunde. Sie erinnern sich: die USA drängten neben Polen am intensivsten darauf, dass diese unselige Pipeline nicht gebaut wird. Ohne Erfolg, denn da war ja noch die eutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, ausnahmsweise nicht Mitglied der SPD, sondern der CDU.

Ach, ich könnte noch so viel zu dem Thema erzählen, und wahrscheinlich werde ich das auch in den kommenden Wochen. Wenn Sie versuchen, seriösen Journalismus zu betreiben, ist die dumme Sache, dass sie nicht einfach nur veröffentlichen können, was sie zu wissen glauben, sondern nur das, was sie im (juristischen) Streitfall auch wasserdicht belegen können. Vergangenes Jahr habe ich in einem Text über ein großes Unternehmen das Wort „unter“ gebraucht und konnte es dann bei der juristischen Auseinandersetzung nicht belegen. Es ging um eine Zahl und ich schrieb „unter“ statt nur genau die Zahl zu benennen. Und schwupps, schon sind 15.000 Euro weg. Nebenbei mal: Haben Sie eigentlich schon ein Abo bei uns?

Genießen Sie den Tag!

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.