Berlin – Der neue Vorsitzende des Fördervereins WerteUnion e. V., Kay-Achim Schönbach, und ich treffen uns zum zweiten Mal in dem kleinen italienischen Restaurant in einer Seitenstaße des Kurfürstendamms, um die Lage zu besprechen. Die Lage der Bürgerlichen in Deutschland, die in den vrgangenen Monaten hauptsächlich durch erbitterte Grabenkämpfe, manchmal auch Intrigen, und wenig Erfolg aufgefallen sind. Zu denen, die es nun richten sollen, gehört der frühere Chef der Bundesmarine, in Kassel geboren, konservativ und gläubiger Katholik. Bei der jüngsten Bundesversammlung des Fördervereins (5000 Mitglieder) in Weimar setzte er sich nach einem turbulenten Tag als neuer Vorsitzender durch. Er erkämpfte sich das Amt von Hans-Georg Maaßen, der andere personelle Vorstellungen für seine Nachfolge hatte.
Kay-Achim Schönbach, Sie sind neuer Chef des WerteUnion-Fördervereins. Die große Mehrheit der Mitglieder bei der Bundesversammlung in Weimar hat Ihnen und Ihrer Mannschaft das Vertrauen ausgesprochen. Haben Sie schon einen Überblick, was Sie da übernommen haben?
Nun, es ist mir eine Ehre und Verpflichtung. Und wer mich kennt, weiß, dass das für mich keine hohlen Worte sind. Tatsächlich wird es eine erhebliche Aufgabe sein, die Mitglieder davon zu überzeugen, ihr Vertrauen in den Verein zu erneuern und seinen neuen Vorstand zu unterstützen. Die Streitereien der vergangenen Monate sind vorüber, jetzt muss gearbeitet werden. Einiges blieb liegen oder wurde in eine nach unserer Ansicht falsche Richtung gelenkt. Das wird nunmehr korrigiert.
In Weimar wurden vor der Abstimmung über Personalien hitzige Debatten geführt. Und dann verweigerte die Mehrheit der Versammlung dem bisherigen Vorstand sogar die formelle Entlastung. Warum?
Formal wurde die Entlastung nicht ausgesprochen, weil es insbesondere im Bereich Schatzmeisterei viele ungeklärte Fragen gibt. Der alte Vorstand hatte es versäumt, darauf hinzuwirken, dass der Mitgliederversammlung ein korrekter Bericht vorgestellt bzw. vorgelegt wurde. Auf viele Fragen gab es keine oder nur ausweichende Antworten. Das war alles zu wenig, um einer Entlastung zuzustimmen. Aber diese Aspekte werden alle aufgeklärt und dann allen Mitgliedern in einem gesonderten Mitgliederbrief zur Kenntnis gebracht.
Sie und sechs Ihrer Mitstreiter sollten ja vor der Versammlung sogar aus dem Verein wegen angeblicher Verfehlungen ausgeschlossen werden. Ihr Amtsvorgänger und früherer politischer Weggefährte Hans-Georg Maaßen wollte Sie nicht als seinen Nachfolger. Ist ihr persönliches Verhältnis zu ihm endgültig zerrüttet?
Die Verfehlungen, die aus der Sicht des Vorstandes vorlagen, wurden den Mitgliedern vor Ort erläutert. Alle Auszuschließenden hatten die Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Offenbar war dies dann für die versammelten Mitglieder so überzeugend, dass sie, mit einer Ausnahme, die Entscheidung des Vorstandes zurücknahmen.
Dr. Maaßen und ich hatten zu keiner Zeit ein zerrüttetes Verhältnis und haben es, zumindest nach meinem Verständnis, auch jetzt nicht. Tatsächlich hatten wir uns am Vorabend privat getroffen und ein überaus freundlich-aufgeräumtes Gespräch geführt. In diesem verabredeten wir für den folgenden Tag der Mitgliederversammlung, ich sollte sein Nachfolger werden und den neuen Vorstand mit Mitgliedern unserer beiden Teams mischen. Noch am selben Abend informierte ich meine Gruppe, was bedeutet hätte, einige hätten nicht in den Vorstand aufrücken können. Aber für den Verein waren alle dazu bereit. Am nächsten Tag war das aber alles über Bord geworfen, und Dr. Maaßen schlug jemand anderes für den Vorsitz vor. Möglicherweise hatte man sich in weiteren Gesprächen anders orientiert und eine neue Strategie verabredet. Aber das ist offenbar Politik, damit kann ich leben.
Schauen wir nach vorn… zuletzt sei der Förderverein bloß noch ein Geldreservoir für die Wahlkämpfe der Partei gewesen, monieren Kritiker. Unter Ihrer Führung soll der Förderverein nun wieder einer selbständigen Agenda folgen. Welche Ausrichtung planen Sie für die Zukunft?
In der Tat. Der Verein mutierte zu einem schweigsamen Geldautomaten für die Partei WerteUnion ohne eigene Agenda. Das geht so aber nicht. Es gibt nicht wenige Mitglieder des Vereins, die keine Mitglieder der Partei sind und somit kein unmittelbares Interesse haben, die Partei durchgängig mit Geld zu versorgen.
Wir werden im Geiste der Satzung und nach Willen unserer Mitglieder die Partei WerteUnion wie auch andere Parteien, Organisationen und ggf. Einzelpersonen unterstützen, die den Zielen des Vereins entsprechen. Das kann Geld sein, muss es aber nicht. Das können auch Vorträge, Veranstaltungen aller Art oder YouTube-Auftritte sein.
Der Verein kehrt vorerst zu seinen Wurzeln zurück, bestrebt als „Graswurzelbewegung“ allen politisch Interessierten ohne Brandmauern im Kopf, eine Debatten- und Weiterbildungsplattform zu bieten. Stammtische, Diskussionsrunden und andere Events sollen Menschen mit unseren Mitgliedern zusammenbringen, um politisches Denken und Nachdenken zu fördern.
Der Verein wird sich auch als Scharnier oder Vermittler zwischen den kleinen Parteien im konservativ-liberalen Lager, rechts der Union betätigen. Ziel ist die Zusammenarbeit der vielen Kleinen, um gemeinsam größer zu werden.
Bedeutet das, wie Hans-Georg Maaßen in seinem Austrittsschreiben vermutet, dass der Verein unter Ihrer Führung der WerteUnion-Partei den Geldhahn abdrehen wird?
Absolut nicht. Wie ich es oben schon sagte, wir werden im Geiste der Satzung und im Sinne unserer Mitglieder handeln. Dieses Scheinargument wurde bereits im Vorfeld der Personalwahlen ins Feld geführt, um das Wahlverhalten zu beeinflussen. Aber was vorbei ist, ist der ungenierte Griff in die Kasse des Vereins. Das Geld gehört den Mitgliedern des Vereins und nicht den Funktionären der Partei.
Reden wir über die Politische Situation in Deutschland! Es gibt eine deutliche rechnerische Mehrheit für einen Politikwechsel in Deutschland, den Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Amtsantritt versprochen hat. Erkennbar passiert bisher dabei nur wenig. Zwischen halbherziger Union und nach rechts rutschender AfD vermuteten viele Menschen – so wie Sie auch – eine große Repräsentationslücke, die es zu schließen gelte – mit der WerteUnion und dem Bündnis Deutschland (BD). Die Ergebnisse der Landtagswahlen im Herbst vergangenen Jahres in Ostdeutschland und der Bundestagswahl im Februar deuten darauf hin, dass die Wähler davon nicht überzeugt sind. Konservative wählen entweder AfD oder weiter CDU. Jetzt starten Frauke Petry und Thomas Kemmerich mit ihrem „Team Freiheit“ den Kampf um die vermeintliche Repräsentationslücke links von der Union nach dem Hinscheiden der FDP. Hand aufs Herz, lieber Herr Schönbach: Hat das mit ständigen Parteigründungen alles überhaupt noch einen Sinn?
Diese vielen Parteigründungen sind eine Reaktion, weil die Alt-Parteien eine große Zahl der Menschen im Land nicht mehr erreichen und auch die AfD nicht vollends in der Lage ist zu überzeugen. Und wenn man sich mit den verärgerten, in Teilen frustrierten, vor allem aber besorgten Menschen in diesen neuen Parteien unterhält, spürt man, dass dort hohes Potential für politische Arbeit und überaus starkes Engagement für unser Land und seine Bevölkerung schlummert. Das heißt es jetzt zu erwecken und zu verbinden. Alleine, zersplittert in viele kleine politische Entitäten, werden wir voraussichtlich keinen Blumentopf gewinnen. Nur zusammen haben wir eine Chance. Aber jene, die sich in besagten Parteien engagieren, werden nur schwer zu überzeugen sein. Denn sie haben sich ja bereits entschieden, keine Kompromisse mehr einzugehen. Daher werden Fusionen oder andere Arten von politischen Kooperationen große Mühe kosten. Aber wir hoffen als Verein dazu beitragen zu können, die vielen an einen Tisch zu bringen, Zweifel über Bord zu werfen, um dann in die Parlamente zu kommen.
Das Gespräch führte Klaus Kelle.
Bildquelle:
- Kay-Achim_Schönbach_WU: thegermanz / klaus kelle