von KLAUS KELLE
Gestern Abend war ich zu einem Vortrag in ein Brauhaus in der Bonner Innenstadt eingeladen. Klasse Veranstaltung mit Studenten. Dabei waren auch drei katholische Priester, Ordensleute in Schwarz mit weißem Kragen, wie es sein sollte. Besucher, die draußen vor dem Lokal saßen, konnten es kaum fassen. „Sind Sie wirklich Priester?“ fragte ein junger Mann, der wohl dachte, es sei schon wieder Karneval. Eine Frau stand auf und wollte dem Schwarzgewandeten die Hand schütteln: „Das sieht man ja heutzutage gar nicht mehr in unserer Stadt.“ Alle Umstehenden waren begeistert angesichts der unerwarteten Erscheinung, der Begegnung mit einem erkennbaren Priester.
Früher waren zumindestens katholische Pfarrer immer auch an ihrer Kleidung für jeden erkenn- und ansprechbar. Warum hat sich das geändert? Wollen sie nicht von ihren Schäfchen auf offener Straße belästigt werden? Warum wollen sie nach dem Gottesdienst in der Sakristei schnell das Baumwollhemd überstreifen und in der Anonymität untertauchen?
Wenn man zum Beispiel in Rom unterwegs ist, sieht man an jeder Ecke Priester und Nonnen – im Straßencafè, im Bus, abends im Restaurant – immer sitzt da einer mit weißem Kragen. Und es ist gut. Warum also nicht auch in Deutschland?