Putin hat diesen tapferen Mann auf dem Gewissen

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny bei einem Gedenkmarsch für Boris Nemzow im Jahr 2019

von KLAUS KELLE

MOSKAU – Was für ein tapferer Mann. Was für ein furchtbares Ende. Alexej Nawalny ist tot. Der Mann, der wie kein zweiter als Person für die Hoffnung stand, dass dieses barbarische Putin-Russland eines Tages eine Zivilgesellschaft werden könnte. Mit unabhängigen Medien, fairen Wahlkämpfen und unabhängigen Richtern. Aber machen wir uns nichts vor. Russland ist als Staat eine Hochkultur, aber es ist keine Zivilisation.

Demokratie und Rechtsstaat kann es dort nur geben, wenn sich das Volk erhebt und die Barbaren mit Schimpf und Schande vom Hof jagt. Davon ist die Russische Föderation weiter entfernt, als Arminia Bielefeld von der Champions League.

Im Sommer 2020 verübten die Schergen des russischen Geheimdienstes einen Giftanschlag auf Nawalny. Nowitschok in den Tee geschüttet. Nur haarscharf überlebte er, war in Deutschland, in Sicherheit. Doch er beschloss, zurückzukehren nach Russland. In seine Heimat, die er liebte, und für deren Freiheit er alles riskierte.

Warum ist er zurückgekehrt damals?

Direkt nach seiner Landung in Moskau wurde er unter fadenscheinigen Begründungen festgenommen und dann zu über 20 Jahren verschärfter Lagerhaft irgendwo in der russischen Einöde verurteilt. Am Ende der Welt. Wochenlang wussten weder seine Familie noch seine Anwälte, wo er sich befindet. Wie wir das aus anderen Diktaturen ja auch kennen.

Nawalny hat mit seinem tragischen Tod dem Kreml-Führer Putin ein letztes Mal die Maske von seiner blutigen Fratze gerissen. Alle Welt, selbst die gutgläubigsten Deppen da draußen sehen nun, dass das größte Land der Erde von einer Verbrecher-Clique regiert wird. Wer nach dem heutigen Tag noch von Putins Unschuld schwafelt, begibt sich auf das gleiche Niveau wie manche Nazis nach 1945, die allen Ernstes behaupteten, Hitler selbst habe vom Holocaust nichts gewusst.

Der SPD-Politiker Fritz Felgentreu zitiert gestern den Widerstandskämpfer Julius Leber, der von den Nationalsozialisten 1945 im damaligen Gefängnis Plötzensee hingerichtet wurde: „Für eine so gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis. Wir haben getan, was in unserer Macht gestanden hat. Es ist nicht unser Verschulden, dass alles so und nicht anders ausgegangen ist.“

Die Ehefrau Julija Nawalnaja, die zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz in der Stadt war, sprach bewegende persönliche Worte zu den Teilnehmern:

„Putin und alle, die für ihn arbeiten, seine gesamte Umgebung, seine Freunde – ich möchte, dass sie wissen, dass sie nicht straflos ausgehen werden. Sie werden bestraft werden für das, was sie unserem Land angetan haben, für das, was sie meiner Familie angetan haben, für das was sie meinem Mann angetan haben. Sie werden zur Verantwortung gezogen werden und dieser Tag wird bald kommen.“

Wladimir Putin und seine Schergen dürfen nicht durchkommen mit ihren Verbrechen. Nicht mit denen in den Straflagern der Russischen Föderation. Und auch nicht mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine.

Bildquelle:

  • Alexej_Nawalny: Mihail Siergiejevicz / depositphotos

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.