Selten war so viel Popanz um einen Parteitag

Polizisten und Demonstranten stehen sich vor dem Rheinufertunnel gegenüber. Foto: Marius Becker

von MARTIN D. WIND

Was für ein Debakel: Gerade mal 10.000 Menschen haben sich gestern nach offiziellen Zahlen in Köln „quer gestellt“. Das heißt, sie haben sich in der Domstadt am Rhein zusammengefunden, um gegen den Bundesparteitag der AfD und deren Politik zu demonstrieren. Eigentlich hatte man zeigen wollen, so wurde vollmundig im Vorfeld der Protestveranstaltung verkündet, dass Köln „bunt“ sei, man wollte „Flagge zeigen gegen Intoleranz“, „Aufstehen gegen Rassismus“ und „gegen dumpfen Nationalismus“. So weit, so gut, so schön.

Wochen vor der Demonstration wurde bereits getrommelt: Landauf, landab berichteten die Medien, welche Menschenmassen hier gegen die „neuen Rechten“ aufmarschieren würden. Von bis zu 50.000 Protestanten war da offiziell die Rede. Ganz in der Tradition des „Kampfes der Anständigen gegen Rechts“, waren selbstverständlich alle diejenigen am Aktivierungsbündnis beteiligt, die man unter die „üblichen Verdächtigen“ zählen kann. Jeder grüne schimmernde Verein, jegliche halbwegs linke Gruppierung, Gewerkschaften, Befindlichkeitsbesprecher, Schauspieler und sonstige Zusammenschlüsse forderten ihre Mitglieder auf, gegen den Bundesparteitag einer demokratischen Partei auf die Straßen zu gehen.

Da dieses Milieu keinerlei Berührungsängste mit kriminellen Straßenterrormobs hat, war es auch nicht verwunderlich, dass man sich offensichtlich ohne Bedenken an die Seite linker Straßenterroristen stellen wollte. Diese – als schwarzer Block bekannte Kampftruppen der Antifa – hatten angekündigt, den Parteitag, blockieren und verhindern zu wollen. Im Internet wurde angekündigt, man wolle der „Afd den Todesstoß versetzen“.

Trotz der zu erwartenden Anwesenheit dieses Gelichters und des zu befürchtenden Straßenterrors, waren sich auch eher bürgerliche Kreise nicht zu schade, sich an dieser Aktion gegen eine demokratische Partei zu beteiligen: Beamtenbund, Caritas, Jecken, Sportvereine, Evangelische Beratungsstellen, Amtsträger der Kirche, Katholikenausschuss, um nur einige zu nennen. Mehr als 80 Gruppierungen können bei einem Überblick zu den Veranstaltern und Unterstützern gezählt werden. Selten war soviel Popanz um den Parteitag einer 5 bis 12 Prozentpartei.

All die vielen Mobilmachungsapelle, all die besorgten Artikel, die Reportagen, die Diskussionsrunden und die bewegenden Ansprachen hochrangiger Kirchenleute hatten jedoch bundesweit gerade mal soviele Menschen aktivieren können, dass man das Kölner Fußballstadion nur zu einem Fünftel hätte besetzen können.

Ohne diese mediale und breit organisierte Unterstützung und Aktivierungsversuche schaffte es hingegen der „Marsch für das Leben“ im vergangenen Jahr, mehr als 7.500 Menschen auf die Straßen Berlins zu bringen. Und das, obwohl die Medien eher „kritisch“ über dieses wichtige gesellschaftliche Anliegen berichten und obwohl die oben bereits angeführten kampferprobten linken und grünen Truppen jedes Jahr versuchen, den Marsch gewaltsam zu stören oder gar zu unterbinden. Nachdem man nun in Köln erstaunt feststellen konnte, welche Energien bürgerliche Kreise, kirchliche Einrichtungen und Amtsträger im Kampf „gegen“ etwas freisetzen können, darf man hoffen, dass sie künftig jedes Jahr mindestens die gleiche Energie auch „für“ etwas einzubringen bereit sind: Für den „Marsch für das Leben“ – denn hier geht es tatsächlich um die Zukunft und die Verfasstheit unserer Gesellschaft.

 

 

Bildquelle:

  • Proteste: dpa

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