Sie wollen den Automatismus, dass alles schon so bleiben wird, wirklich durchbrechen

von KLAUS KELLE

Die „Dekonstruktion des Staates“, so hat Stephen Bannon das jetzt auf eine Konferenz der amerikanischen Konservativen genannt, was US-Präsident Donald Trump und seine Administration vorhaben. Klingt martialisch, ist aber eine exakte Beschreibung der gesellschaftlichen Vorstellungen, die in der republikanischen Partei schon immer eine Heimat hatten. Nicht so weitgenend wie bei den Libertären wollen sie gehen, aber „Washington“ als Synonym für einen allumfassenden Staat – das ist ihnen verhasst. Der großartige frühere US-Präsident Ronald Reagan hat es mal auf seine unnachahmliche Art auf den Punkt gebracht: „The nine most terrifying words in the English language are, ‚I’m from the government and I’m here to help.‘ Ich komme von der Regierung und will Ihnen helfen – der blanke Horror für viele Amerikaner und sicher für die Mehrheit der Trump-Wähler.

In Deutschland schüttelt man den Kopf. Wie kann man bloß gegen eine umfassende Krankenversicherung sein? 28 Prozent Einkommensteuer wird als zuviel empfunden, gegen Blitzgeräte an Highways ziehen Amerikaner vor das Verfassungsgericht. Freiheit – so lautet der Leitbegriff in den Vereinigten Staaten. Immer noch trotz all der Clintons und Obamas. Die große Mehrheit der Amerikaner wollen in Ruhe gelassen werden. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!

Die neue Regierung will diese Themen nun in Angriff nehmen, davon kann man ausgehen. Denn Stephen Bannon ist nicht irgendwer. Er ist der Stratege im Weißen Haus, der Einflüsterer, der Mann hinter Trump. In der Regel ist es in unseren demokratischen Staaten des Westens doch immer gleich. Die Linken und progressiven verändern etwas, wenn sie regieren. Und kommen dann die Konservativen an die Macht, lassen sie einfach alles so weiterlaufen. Was die Regierung Trump offenbar versuchen will, ist diese übliche Methode zu durchbrechen. Sie wollen wirklich etwas verändern. Das Rad zurückdrehen. Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zurückdrehen. Sie wollen die Vereinigten Staaten neu denken. Ein spannendes Experiment ist das.

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.