Trump denkt in „Deals“ – betrachten wir den Alaska-Gipfel aus einer andren Perspektive…

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Anderen klugen Köpfen zuzuhören, um eine Situation besser beurteilen zu können, das ist in meinen Augen kein Zeichen von Schwäche. Gerade, wenn ein weltpolitisch wichtiges Ereignis zu kommentieren ist, das jeden beschäftigt, über das es aber null verlässliche Informationen gibt – so wie jetzt nach dem Gipfel in Alaska.

Nach den ersten 24 Stunden herrschte überall Enttäuschung. Politische Beobachter und die Analysten der Mainstreammedien überschlugen sich mit Bekundungen tiefer Enttäuschung. Doch ob diese Einschätzung berechtigt ist – ich habe da meine Zweifel.
Tatsächlich mehren sich die Hinweise, dass bei dem Treffen der Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin vielleicht mehr in Bewegung gekommen ist, als wir alle zunächst angenommen haben.

Ich meine, Trump hätte den NATO-Partnern einfach mitteilen können, dass sein Freund Gospodin Putin keinen Bock auf Frieden und Waffenruhe habe. Dann wäre das Gespräch nach zwei Minuten vorbei gewesen. Tatsächlich waren die Gespräche des Amerikaners mit den wichtigsten Verbündeten in Europa sehr intensiv. Wie man hört waren alle direkt eingebunden, die auch vor dem Gipfeltreffen eng mit Trump und Selenskyj die Lage und eine gemeinsame Strategie beraten hatten: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Zugschaltet wurden auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und der finnische Präsident Alexander Stubb. Aus Polen waren in verschiedenen Zusammensetzungen Karol Nawrocki und Regierungschef Donald Tusk dabei.

Solche Hochkaräter lädt man nicht ein, wenn es nichts Substanzielles zu besprechen gibt.

Und was das sein könnte, deutete Merz an, als er sagte, auch die USA seien im Fall einer Einigung zu robusten Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereit, die allerdings auf die besetzten Gebiete im Osten des Landes werde verzichten müssten.

Viele Kommentatoren sahen Putin nach dem Gipfeltreffen als „Sieger“

Zu einer ganz anderen Einschätzung kommt der Politikwissenschaftler und Geopolitik-Experte Klemens Fischer von der Uni Köln, der bei FOCUS online, einräumte: „Trump war unendlich nett zu Putin, aber das hatte einen Grund“

Der Ukraine-Krieg sei zwar der Anlass des Treffens in Alaska gewesen, aber da Trump in „Deals“ denke, sehe er – Fischer – folgende Leitgedanken bei Trump:

1) Ukraine, das ist nicht mein Krieg. Ich halte mein Wahlversprechen und schließe eine direkte amerikanische Kriegsbeteiligung anderswo aus.

2) Nach Beendigung des Krieges in der Ukraine sei Russland als Geschäftspartner mit enormen Potential für die Amis interessant. Wenn die Sanktionen fallen, werde Russland Kräftig einkaufen. Zum Beispiel Verkehrsflugzeuge mit dann freigegeben russischen Geldern – bei Boeing in Amerika natürlich. Jobs, Jobs, Jobs und so.

3) Wenn der Krieg in der Ukraine beendet ist, wollen Putin und Trump wieder über ein umfassendes Abrüstungsabkommen sprechen. Das bisherige endet nämlich im kommenden Jahr. Und ein neues – da winkt sogar der Friedensnobelpreis.

Realpolitik ist etwas Schönes, oder? Aber auch etwas Widerwärtiges…

Schönen Sonntag Ihnen allen!
Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.