Von Robert De Niro und der Gegenoffensive in der Ukraine

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Sie wissen, dass ich Ihnen an dieser Stelle morgens gern mal etwas Leichtes zum Frühstück serviere. Über meinen Sohn, mit dem ich kommende Woche zum Peter Fox-Konzert in der Berliner Waldbühne gehe, oder über meine liebe Freundin in Thüringen, die jeden Tag Fotos ihres Hund auf Facebook postet, oder über meinen Fußballverein, dem ich „Auferstanden aus Ruinen“ als neue Vereinshymne vorschlagen möchte.
Aber die Zeiten sind leider nicht so.

Wenn ich mir heute am frühen Morgen die Nachrichtenlage zu Gemüte führe, dann gibt es da leider nichts Leichtes, nichts Heiteres. Wohin Sie schauen nur Drama, nur Elend, nur Versagen. O.k., Robert de Niro ist gestern 80 Jahre alt geworden, ein phantastischer Schauspieler mit magischen Momenten auf der Leinwand. Ich bin ja so der Typ, der wie mein Freund Ralf – Sie kennen ihn inzwischen – im Kino oft an anderen Stellen lacht als das Publikum. Klar, jeder Mann schaut gerne Action, wenn sie gut gemacht ist. Aber nicht die Ballerei an sich fasziniert mich, es sind so trockene Bemerkungen am Rande, völlig sinnfreie Dialoge, die mich zum Lachen bringen. Etwa in Rambo III folgender „Dialog“ des Helden mit einem Waffenhändler: „Was ist das?“ – „Das ist blaues Licht.“ – „Was macht das?“ – „Es leuchtet blau…“ Darüber kann ich auch nach Jahren noch lachen.

Aber dann Dialoge wie der De Niros mit Al Pacino in dem Film „Heat“ 1995, wo sich der Schwerverbrecher und der Bulle in einer Kneipe austauschen über ihr beider verkorkstes Leben und sich freundlich am Schluss versichern, dass sie sich sympathisch finden aber nicht zögern würden, den jeweils anderen umzubringen, wenn es unumgänglich wäre. Das sind cineastische Sternstunden für mich und nur noch zu vergleichen mit dem Kennenlern-Dialig von James Bond und Vesper Lind im Zug nach Montenegro zum Roulettespiel. Aber ich schweife ab.

Zurück zum ernsten Thema, über das ich heute Morgen für Sie eigentlich schreiben will.

Amerikanische Geheimdienste glauben nicht an einen durchschlagenden Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive in diesem Sommer gegen die russischen Invasoren. Darüber berichtet heute die „Washington Post“. Unzweifelhaft kommen die Ukrainer zwar Stück für Stück voran, befreien Dorf um Dorf und hissen dort wieder die blau-gelbe Fahne ihres Landes. Das gibt schöne Fotos inmitten des Wahnsinns.

Aber das eigentliche Ziel der ukrainischen Streitkräfte, die russisch annektierte Halbinsel Krim vom militärischen und zivilen Nachschub abzuschneiden, wird offenkundig nicht gelingen.

Ist der Krieg damit beendet?

Mitnichten. Und das ist die schlechte Nachricht. Das Zerstören, Töten und Vergewaltigen wird fortgesetzt, und niemand außer dem Führer im Kreml könnte es stoppen. Und den interessieren, wie wir alle wissen, Menschenleben, auch russische, absolut Null. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert, sagt der Volksmund…

Wir, aber vor allem die Menschen in der geschundenen Ukraine, müssen sich auf weitere Monate des Krieges einstellen, wohl bis weit ins nächste Jahr. Und neben dem russischen Aggressor tragen einzelne westliche Länder daran erhebliche Mitschuld, allen voran Deutschland.
Die Regierung Scholz hat mit ihrem monatelangen Zögern, dringend benötigte Waffen zu liefern, dazu beigetragen, diesen furchtbaren Konflikt zu verlängern. Denn wenn Sie sich anschauen, was die Waffen auf deutscher Produktion zu leisten imstande sind, dann kann man ermessen, wie anders der zähe Kriegsverlauf gewesen wäre, wenn die Ukraine frühzeitig und konsequent von Deutschland ausgerüstet worden wäre. Erinnern Sie sich noch an die 5000 gebrauchten Schutzhelme und die verschimmelten Flugabwehrraketen aus NVA-Beständen zu Beginn?

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.