Was es alles gibt: Christine Lambrecht (SPD) kämpft gegen den Genderstern – machen die Grünen das mit?

ARCHIV - Bundessfamilienministerin Christine Lambrecht will das Gendern massiv einschränken. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

von THOMAS PAULWITZ

BERLIN – Von der Saula zur Paula, die gegen das Gendern eintritt? Noch vor einem Jahr machte sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) mit einem Gesetzentwurf zum Insolvenzrecht lächerlich. In dem ursprünglich vorgesehenen Text setzte sie das generische Femininum ein und grenzte damit Männer aus. Es war darin nämlich lediglich von „Gesellschafterinnen“ und „Geschäftsführerinnen“ die Rede, nicht aber von männlichen Geschäftsführern. Erst der Widerspruch des Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) konnte den absurden Sprachfeminismus aufhalten. Da war Lambrecht noch die Saula.

Inzwischen ist Lambrecht nicht nur Justiz-, sondern auch Familienministerin geworden und legt zum Gendern eine bisher unbekannte Seite an den Tag. Ist sie jetzt eine Paula? Denn jetzt ist ein Schreiben bekannt geworden, das sie zwar bereits am 16. September verschickt hat, aber dennoch für Aufsehen sorgt. Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete als erste darüber. Empfänger des Schreibens sind oberste Bundesbehörden. Zum einen sind es Bundesministerien und die Bundesverwaltung mit Bundeskanzleramt; zum anderen aber auch Bundesgerichte und Stiftungen des Öffentlichen Rechts des Bundes.

Genderzeichen nicht „allgemein verständlich“

Mit diesem Schreiben sagt Lambrecht dem Genderstern den Kampf an. „Sonderzeichen als Wortbestandteile in der offiziellen Kommunikation“ seien „nicht zu verwenden“, schreibt sie. Das bedeutet das Aus nicht nur für Gendersterne, sondern auch für Genderdoppelpunkte, Genderunterstriche und Binnen-Is. Außerdem rät sie von der abwechselnden Verwendung von männlicher und weiblicher Form ab.

Ihre Begründung ist zum einen formaler Art: Der Rat für deutsche Rechtschreibung halte die Sonderzeichen „derzeit“ für „rechtschreibwidrig“. Doch Lambrecht argumentiert auch inhaltlich: Es sei nicht gesichert, dass die Schreibweisen „allgemein verständlich sind“.

Die Bekämpfung des generischen Maskulinums geht weiter

Mindestens einen Haken hat das Schreiben jedoch: Lambrecht führt ihren Kampf gegen das geschlechterübergreifende generische Maskulinum fort. Zumindest in Zusammensetzungen wie „Ministerpräsidentenkonferenz“ will es die Ministerin allerdings weiter dulden, auch bei juristischen und abstrakten Personen wie „Arbeitgeber“. Das ist erstaunlich, denn in der Arbeitshilfe „Gender Mainstreaming im Berichtswesen“, die das Bundesfamilienministerium 2005 herausgegeben hat, heißt es im Widerspruch dazu: „Bitte berücksichtigen Sie, dass auch die Verwendung … so genannter generischer Maskulina (z. B. ‚Arbeitgeber‘ und ‚Arbeitnehmer‘ sowohl für Frauen als auch für Männer) hier zu Verzerrungen führen kann.“

An die Seite des „Kunden“ wünscht sich Lambrecht freilich die „Kundin“. Damit stellt sie sich gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom März 2018 (VI ZR 143/17). Das Gericht hatte damals die Klage einer Kundin zurückgewiesen, als „Kundin“ statt als „Kunde“ bezeichnet zu werden, und darüber hinaus festgestellt: „Der Bedeutungsgehalt grammatisch männlicher Personenbezeichnungen kann nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist (‚generisches Maskulinum‘). Ein solcher Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.“

Keine Hervorhebung der „Diversen“

Als Alternative zum abzuschaffenden generischen Maskulinum schlägt die Ministerin vor, Personen aus dem Sprachgebrauch zu tilgen, indem diese neutralisiert werden. Da soll die Teilnehmerliste zur „Teilnahmeliste“ werden, der Pfleger zur „Pflegekraft“, die Mitarbeiter zur „Belegschaft“.

Davon abgesehen fällt auf, dass die Bundesfamilienministerin gegen den Zeitgeist handelt, indem sie Personen mit „diversem“ Geschlecht – außer in Stellenanzeigen („m/w/d“) – nicht besonders berücksichtigen will. Der Anteil solcher Personen sei nämlich „sehr gering“, deren sprachliche Vernachlässigung sei „grundsätzlich annehmbar“. Eine solche Äußerung aus dem Mund einer Politikerin kann in diesen Zeiten schon als mutig gelten.

Die Frage, ob Lambrecht nun Saula oder Paula ist, könnte sich allerdings bald erledigen. Fraglich ist nämlich die Haltbarkeit der Lambrechtschen Empfehlungen. Sobald die „Grünen“ als ausgewiesene Genderpartei an der Bundesregierung beteiligt sind, könnte auch auf Bundeskanzleramt und Bundesministerien die Fahne mit dem Genderstern als zu grüßendes Symbol der neuen Zeit gehisst werden – zwanzig Jahre, nachdem die damalige rot-grüne Bundesregierung das Gender Mainstreaming als Leitprinzip eingeführt hat.

Bildquelle:

  • Christine Lambrecht: dpa

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