Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!
Auch wenn ich noch ein wenig getrieben bin von der Euphorie am gestrigen Abend und zweifellos noch ein klein wenig Restalkohol im Körper habe nach dem fulminanten Auftaktsieg meines Fußballvereins zum Start in die Zweite Fußball-Bundesliga werde ich Sie heute nicht mit Fußball langweilen, denn das, was mein kleiner Provinzverein vom Teutoburger Wald gerade erlebt ist auch symptomatisch und übertragbar auf andere Lebensbereiche – persönlich wie in der großen Politik.
Meine Morgenkolumne heute zum Sonntag handelt von einem Thema, das uns alle schonmal betrifft oder betroffen hat.
Was tun, in einer scheinbar aussichtslosen Situation?
Sie werden schwer krank, Sie können die Raten für ihr kleines (oder großes) Häuschen nicht mehr bezahlen. Sie werden arbeitslos, Sie zerstreiten sich mit ihren Kindern, ihr Lebenspartner läuft weg und so weiter. Sie wissen, was ich meine!
Und wissen Sie, was das Allerwichtigste in einer solchen Situation ist? Geben Sie niemals auf! Niemals!
„Verloren ist nur die Sache, die man aufgibt“, hat der große österreichische Mediziner Ernst von Feuchtersleben (1806 – 1849) einmal gesagt, ein wirklich kluger Mann, der den Begriff der „Psychose“ in der medizinischen Literatur erfunden hat und als Mitbegründer der Psychosomatischen Medizin gilt. Ein wirklich kluger Mann.
Und ein anderer kluger Mann unserer Zeit, hat es vor einiger Zeit in einem „Reel“ ähnlich ausgedrückt, also einem Kurzvideo, das ich auf Tiktok zufällig angeboten bekam und mir angeschaut habe. Dieser Mann heißt Donald Trump und ist derzeit der mächtigste Kerl auf dem Planeten als Präsident der Vereinigten Staaten. Ich weiß, viele von Ihnen mögen dessen Art nicht, sein disruptives Vorgehen, seine bisweilen ruppigen und auch frauenverachtenden Bemerkungen. Alles richtig. Aber dumm ist der Mann nicht.
In diesem „Reel“ beschreibt er, dass er viele brillante Leute in seinem Leben hat scheitern sehen, einfach, weil sie in einer schwierigen Lebensphase zu früh aufgegeben haben. Eindringlich rät er seinen Zuschauern: „Never ever quit!“ Gebt niemals auf, egal, wie schlimm es gerade zu sein scheint. Nur wer aufgibt hat verloren.
Das sagt sich so einfach, oder?
Und klar, nicht aufzugeben bedeutet nicht automatisch, dass jemand anschließend in die Erfolgsspur zurückkehrt. So einfach ist es dann auch nicht. Aber wer nicht aufgibt, der wahrt die Chance, den weiteren Verlauf noch drehen zu können. Wer aber aufgibt, der ist raus. Definitiv.
Und damit komme ich dann doch wieder zurück zu meinem kleinen Fußballverein in Bielefeld, dem ich seit 62 Jahren folge mit einer Leidenschaft, die viele von Ihnen einem alten Knacker wie mir gar nicht zutrauen würden.
Arminia Bielefeld, gegründet 1905, hat sich hochgestrampelt. Auf einer Kuhwiese des Bauern Lohmann angefangen zu kicken. Dort, wo heute das moderne Stadion im Westen der 330.000-Einwohner-Stadt steht. Das heißt zwar nach dem Firmennamen des wichtigsten Sponsors seit vielen Jahren „Schüco-Arena“, aber alle, wirklich alle reden bis heute von der „Alm“, wenn sie über dieses Stadion sprechen.
Und was gab es für Dramen…
Der Bundesliga-Skandal, wo Arminia-Funktionäre Spielern der Gegnermannschaften fette Umschläge mit Bargeld zusteckten, damit sie absichtlich verlieren und Bielefeld Erstligist bleibt.
Natürlich flog das auf, Zwangsabstieg in die Regionalliga West mit Punkteabzug und drohender Pleite. Und drohende Pleiten gab es in den Jahrzehnten dauernd bei Arminia. Immer wieder stand der Club vor dem totalen Aus. Als es mal ganz besonders schlimm war vor einigen Jahren, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Arminia Bielefeld sei quasi das im Profifußball, was Griechenland in der EU war (manche sagen ist). Immer pleite, immer über die Verhältnisse lebend – aber irgendwie funktioniert es doch, wenn man den unbedingten Willen hat und – frei nach Oli Kahn – immer weiter, immer weiter macht.
Nach einer fulminanten Ausnahmesaison des Vereins, der im Vorjahr nur deshalb nicht in die vierte Liga durchgereicht wurde, weil ein Spieler des FC Halle in der Nachspielzeit gegen Arminia nur den Pfosten traf statt ins Bielefelder Tor, die sogar ins DFB-Finale und zum Wiederaufstieg in die Zweite Liga führte, waren sich die Experten einig. Arminia, so sagten sie, werde es in dieser Saison ganz schwer haben, die Klasse zu halten und nicht sofort wieder abzusteigen.
Erstes Spiel gestern Abend ausgerechnet gegen einen der Top-Favoriten der Liga: Fortuna Düsseldorf, mit deren Erstligaaufstieg in dieser Saison alle rechnen. Was soll ich sagen? Der Underdog aus der Provinz gewann mit 5:1, ein Ergebnis, das NIEMAND, nicht ein einziger richtig getippt hatte.
Klar, der Schiri war grenzwertig, eine gelb-rote Karte hat den Erfolg begünstigt, Fußball eben. Aber nach Schlusspfiff in meiner Fankneipe in Berlin („Tante Käthe“) – auf der Straße davor tanzen wirklich ein paar Dutzend blau-gekleidete Menschen und sangen „Ein Ball, ein Schuss, ein Schrei, ein Tor – Bieeeelefeld vor“, ging ich zum Bartresen und bestellte mir noch ein Pilsner Urquell. Und ich dachte – wahrscheinlich als einziger Menschen auf dem Planeten – an Donald Trump. NEVER EVER QUIT!
Ihnen allen einen schönen Sonntag!
Herzliche Grüße
Ihr Klaus Kelle