Wie bei Orwells „1984“ – die AfD wird gern mal vergessen oder rausretouchiert

Liebe Leserinnen und Leser,

erinnern Sie sich noch an die Alternative für Deutschland, bekannt unter dem Kürzel AfD? In den vergangenen vier Jahren war das die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag und vor allem die einzige, die man als Oppositionspartei bezeichnen konnte. Und egal, wie sie dazu denken, was die AfD zu kritisieren hatte, sie hat immer wieder den Finger in die Wunde gelegt, wo sich alle anderen wegduckten. Im September wurde die Afd nicht wieder zur stärksten Oppositionskraft im Hohen Haus gewählt, obwohl sie erneut fünfeinhalb Millionen Wählerstimmen einsammeln konnte. Größte Oppositionspartei in den kommenden vier Jahren wird nun die Union sein und das aus eigener Doofheit und Nibelungentreue zu einer Frau, die niemals CDU-Vorsitzende und schon gar nicht Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland hätte werden dürfen. Aber der deutsche Wähler in seiner grenzenlosen Weisheit und Güte…

Doch zurück zur AfD, die wurde unserer Redaktion heute in Erinnerung gerufen, weil die mächtige Deutsche Presse-Agentur dpa der Partei einen Beitrag gewidmet hat. Und der verlief so: Das Coronavirus breite sich besonders stark in Landkreisen mit hohen Wahlanteilen für die Alternative für Deutschland (AfD) aus.

Herausgefunden wollen das Wissenschaftler „der Teilinstitute Jena und Bielefeld“ vom „Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und Helmholtz Zentrum München haben. Na dann muss es wohl richtig sein, oder?

Also nehmen wir es mal einen Moment ernst, denn natürlich gibt es bei rechtskonservativen Parteien wie der AfD eine hohe Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen und eine geringere Akzeptanz der Corona-Schutzmaßnahmen. Wenn also besonders die AfD-Anhänger sich den angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen überproportional verweigern, warum sollte die kühne Behauptung der Unis auf Jena und Bielefeld von vornherein ausgeschlossen werden?

Was ich Ihnen aber eigentlich erzählen will in diesem Zusammenhang ist, dass in der dpa-Berichterstattung über die gestrige Bundestagsdebatte die AfD überhaupt nicht erwähnt wurde. Nicht einmal, nicht mit einem einzigen Wort. Weder wer was gesagt noch wie man abgestimmt hat. Einfach nichts. Und alle großen Medien übernehmen Texte der dpa. Auch die, in denen die AfD skandalöser Weise weggelassen wird. Und das bei einer Partei, die ein Zehntel der Wähler zum zweiten Mal hinter sich versammeln konnte. Das hat mit Berichterstattung und seriösen Medien nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Die Art und Weise, wie die AfD und ihre Repräsentanten vom medialen Einheitsbrei behandelt werden, ist – ich wiederhole mich – eine Schande. Was kommt als Nächstes? Werden sie bei offiziellen Anlässen aus Fotos Abgeordnete der AfD herausretouchieren, wenn die da irgendwie zufällig rumsitzen? So wie bei Orwells „1984“?

Es geht hier nicht um die AfD, es geht um anständigen Journalismus, es geht um Meinungsfreiheit und Demokratie. Man muss die AfD nicht mögen, aber man muss unbedingt respektieren, dass Millionen Bürger diese Partei in einer freien und geheimen Wahl gewählt haben. Und dass sie nicht einmal mit einem Halbsatz erwähnt werden, wenn der Bundestag eine weitreichende Entscheidung unter Einschränkung unserer Grundrechte trifft, geht gar nicht.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.