Wir müssen uns selbst verteidigen

Liebe Leserinnen und Leser,

am Donnerstag saß der Politologe Herfried Münkler bei Markus Lanz im Fernsehstudio und wagte Unerhörtes. Er sagte: Am Ende des Ukraine-Krieges stünden natürlich Verhandlungen, aber um ernsthaft mit Angriffskrieger Wladimir Putin verhandeln zu können, müsse die Ukraine so ertüchtigt werden, dass sie „auf dem Gefechtsfeld eine Situation herstellt, die sie stark macht am Verhandlungstisch“. Die Alternative, die von einigen gerne gespielt wird, ‚wer verhandelt, schießt nicht‘ – sei einer der dümmsten Sätze, die es gibt, weil er falsch ist.

Dann ging Münkler noch weiter

Europa müsse stärker auf gemeinsame Abschreckung setzen, auch atomare Abschreckung.

Ein „Vorstoß auf NATO-Ebene“, unter Einschluss der Briten, und dann eine Vergemeinschaftung der europäischen Nuklearwaffen, so dass also auch Grenzländer sich darauf verlassen können, dass dieser Schutz auch für sie gelte. Das ist der Traum von Politikern, die Angst davor haben, was passieren wird, sollten die Amerikaner im November tatsächlich Donald Trump erneut zu ihrem Präsidenten wählen. Ich glaube das allerdings immer noch nicht, aber auszuschließen ist es halt auch nicht. Bleibt Joe Biden der Kandidat der Demokraten und wird Trump nominiert, dann zieht er auch ins Weiße Haus ein.

Braucht Europa also ein eigenes Atomprogramm zur Abschreckung gegenüber Russland?

Im Grunde ja, wenngleich Deutschland seit 1945 immer gut mit den USA als Partner gefahren ist. Aber, das hat Trump zurecht auch nach Amtsantritt 2017 in der ihm eigenen Art zum Thema in Brüssel gemacht, es kann nicht sein, dass 330 Millionen Amerikaner den Schutz von 500 Millionen Europäern garantieren und die Europäer verplempern Geld für Unsinn, zahlen aber ihren vereinbarten Anteil an den Verteidigungskosten nicht.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein Weckruf für die Europäer, und ich habe den Eindruck, dass der inzwischen auch verstanden worden ist.

Heute Morgen habe ich im Deutschlandfunk ein Interview mit einem Verteidigungspolitiker der SPD gehört, dessen Name mir entfallen ist. Er sagte sinngemäß, die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern aus deutschen Beständen an die Ukraine sei notwendig und hilfreich – aber wenn wir das machten, hätte unsere Bundeswehr selbst nicht mehr genug zur Landesverteidigung und für die Bündnisverpflichtungen. Und deshalb machten wir es nicht.

Das sind unzumutbare Zustände…

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.