Das Verbot der Corona-Demo ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig

von KLAUS KELLE

BERLIN – Mit seiner Entscheidung, die großen Demonstrationen am Wochenende in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung abzusagen, hat der Berliner Senat mächtig Wasser auf die Mühlen der Protestler um die Gruppe „Querdenken 711“ geleitet. Während Berlins Innensenator Geisel (SPD) „ein konsequentes Vorgehen der Polizei“ für den Fall androhte, dass sich dennoch „große Menschenansammlungen bilden“, mobilisiert die Anti-Corona-Szene weiter für das Wochenende.

Der Rechtsanwalt von „Querdenken 711“, Ralf Ludwig, veröffentlichte im Internet ein Video, in dem er ankündigte: „Wir werden vors Verwaltungsgericht gehen, wir werden natürlich auch im Zweifel das Bundesverfassungsgericht anrufen, wenn nicht bereits auf Ebene des Verwaltungsgerichts oder des Oberverwaltungsgerichts dieser Bescheid aufgehoben wird.“

Die Organisatoren der Demo gingen davon aus, dass die Demonstration am 29. August stattfinden werde. Geisel konterte: „Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“ Damit ließ er ungewollt die Maske fallen. Bei der Absage geht es nicht um Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung und nicht um die Durchsetzung von Abstandsregeln und Schutzmasken – es geht darum, den friedlichen Protest von Bürgern gegen eine Politik, die zunehmend von den Bürgern in Frage gestellt wird, zu diskreditioeren, ja zu kriminalisieren. Wer will schon Reichsbürger oder Rechtsextremist sein?

Ein Sprecher des Innensenators wies heute den Vorwurf zurück, der Senat messe beim Verbot dieser Demonstration mit anderen Maßstäben als vorher zum Beispiel bei der „Black Lives Matter“-Demo in Berlin, wo weder Abstandsregeln eingehalten noch Schutzmasken getragen wurden, ohne dass die Ordnungskräfte einschritten. Geisels Sprecher: „Es gibt nicht links erlauben, rechts verbieten. Das ist Unsinn.“ Und genau das ist es offenkundig nicht. Es geht ausschließlich darum, den Protest der Straße gegen die Corona-Politik, die in ihrem Kern eine Kritik am Handeln der Bundes- und der Landesregierungen insgesamt ist, zu unterbinden. Das ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig.

Bildquelle:

  • Freiheits-Demo_Berlin_01.08.2020: TheGermanZ

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.