von DR. PATRICK PETERS
Wenn es ein Schlagwort gibt, das die weitere Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland und der Welt skizziert, dann ist es die Digitalisierung. Sie gilt laut der KfW-Bankengruppe „als wesentlicher Treiber für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft mittelständischer Unternehmen. Sie bietet Chancen, eigene Geschäftsprozesse effizienter und ressourcenschonender zu gestalten und neue Produkt- und Dienstleistungsangebote sowie neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Digitalisierung gilt auch als Hoffnungsträger für ein Wiederansteigen der seit Jahren in vielen Industrieländern rückläufigen Produktivitätsraten.“
Das klingt nach einem echten Sprungbrett für Unternehmen, sich für die Zukunft aufzustellen und dafür zu sorgen, dass wirtschaftliche Stärke auch dauerhaft möglich bleibt. Es ist die herausragende Möglichkeit, die „Old Economy“, also die viele Jahrzehnte hoch erfolgreiche produzierende Industrie, so zu entwickeln, dass sie auch in Zeiten einer fortschreitenden Dienstleistungsgesellschaft weiter Bestand haben wird.
Aber tun die Unternehmen in Deutschland dies in dem Maße, in dem es erstens möglich und zweitens sinnvoll wäre, um allen Veränderungspotenzialen zu begegnen? Nein, das tun sie nicht. „Der Grad der Digitalisierung ist in mittelständischen Unternehmen bei weitem nicht so hoch, wie man ihn aufgrund der öffentlichen Debatte hätte erwarten können. Rund ein Drittel der Mittelständler befindet sich bisher noch in einem Grundstadium der Digitalisierung. Vorreiter, das heißt Unternehmen, die bereits auf digitale Produkte und Dienstleistungen, Apps oder Industrie 4.0 setzen, stellen mit knapp einem Fünftel noch eine Minderheit dar“, heißt es in einer KfW-Studie. Zwar hätten vier von fünf Mittelständlern in den zurückliegenden drei Jahren Digitalisierungsprojekte durchgeführt und so ihren Digitalisierungsgrad ausgebaut. Aber: Knapp die Hälfte habe in ihre Digitalisierung weniger als 10.000 Euro pro Jahr investiert.
Das reicht bei weitem nicht aus, um den Anforderungen hinsichtlich zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft gerecht zu werden. Wer Systeme für Cloud Computing einrichten oder auch in „intelligente“ Maschinen, in die Vernetzung der bestehenden und neuen Systeme, in IT-Sicherheit und Datenschutz investieren will, braucht dafür Geld. Viel Geld, wie aktuelle Zahlen zeigen: In diesem Jahr sollen 1,2 Billionen US-Dollar für die Digitalisierung ausgegeben werden. Dies prognostizieren die Marktforscher von IDC. Davon entfallen mehr als 30 Prozent allein auf die USA – und nur 18,2 Prozent auf Westeuropa.
Daraus kann man schließen, dass längst nicht alle Möglichkeiten der Technisierung und Digitalisierung ausgeschöpft werden – mehr noch, dass es nicht einmal ansatzweise versucht wird. Deutschland drohe, digitales Entwicklungsland zu werden, hat Kanzlerin Angela Merkel vor rund einem halben Jahr gewarnt. Diese Warnung sollte man nicht in den Wind schießen. Denn die deutsche Wirtschaft hat immer vom Erfindungsreichtum und der Innovationskraft der Unternehmen profitiert. Dies darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, indem die Unternehmen die Digitalisierung verschlafen.
Bildquelle:
- Digitalisierung: pixabay