Bürgerliche können differenzieren – das ist nicht jedem Menschen gegeben….

Liebe Leserinnen und Leser,

erinnern Sie sich noch an Prof. Bernd Lucke? Den streitbaren Ökonomen von der Universität in Hamburg, der im Streit um die Euro-Staatsschuldenkrise beschloss, Politiker zu werden und die AfD mit zu begründen? Eine gute Freundin sagte damals, Lucke sei der Einzige, der die Vergemeinschaftung der Schulden anderer Staaten mit deutschen Steuergeldern jetzt noch aufhalten könne. Der neue Messias der deutschen Politik sozusagen. Nach seinem Sturz auf dem berühmten Bundesparteitag in der Essener Grugahalle klang das ganz anders, teilweise sogar von den gleichen Leuten, die ihn vorher in den Himmel gehoben haben.

Völlig unfähig, ein Team zu leiten, der wird niemals ein Politiker. Nur monothematisch unterwegs, nicht geeignet für Wahlkämpfe und die große Bühne. Sie kennen das Gerede.

Mir geht es nicht um Bernd Lucke heute, den ich kenne und sehr schätze für seine Ansichten bis heute.

Mir geht es um den Hass und die Häme, um das Nachtreten, wie es Politiker immer wieder erleben, keineswegs nur in der AfD.

Der Grund, warum ich mir dieses Thema heute vornehme, ist Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin. Es nervt mich zunehmend, wie platt und unreflektiert diese Frau von einem geneigten Publikum runtergemacht wird, selbst wenn sie gute Dinge macht und zustande bringt.

Ich bin wirklich unverdächtig, Sympathie für die Grünen und ihre politische Agenda zu haben. Keine Partei hatte unserem Land so viel Schaden zugefägt, wie die Grünen, bis…ja, bis Frau Merkel ihr übles Zerstörungswerk begann. Und die habe ich zwei Mal gewählt, die Grünen nie, weder Erst- noch Zweitstimme. Aber wenn Frau Baerbock übers Wasser laufen würde, wären sofort die Geiferer da, um zu rufen: Seht doch, sie ist sogar zu doof zum Schwimmen.

Das sind die gleichen Leute, die immer wieder gefordert haben, Deutschland müsse international selbstbewusst auftreten, klar ansagen, was Sache ist. Was wir wollen. Und jetzt macht das Eine, dann ist es auch wieder falsch.

Weil sie bei den Grünen ist, Trampolin gesprungen ist, bei ihrem Lebenslauf geschummelt hat und lispelt. Aber sie macht ihre Arbeit als Außenministerin gut. Ich meine, vorgestern in Peking vor den Kameras der Weltöffentlichkeit Klartext zu reden über Menschenrechte und die Uiguren in den Straflagern – wer wagt das denn noch? Wie viele Delegationen aus Deutschland sind in den vergangenen Jahren nach Peking gereist und haben die Klappe gehalten? Weil wir ja unsere schönen Autos weiter verkaufen und unseren Wohlstand mehren wollen. Weil wir es mit der Diktatur nicht verderben wollen, die ein so großer Absatzmarkt für Produkte „Made in Germany“ist. Wer braucht schon Menschenrechte?

Hasskappen sind keine Kopfbedeckung für Bürgerliche und für Konservative auch nicht. Wir sind in der Lage, auch politischen Gegnern mit Respekt zu begegnen. Und so, wie wir sie in der Sache hart angehen können, fällt uns auch kein Zacken aus der Krone, wenn wir Leistungen wie die von Baerbock gerade in China auch mal anerkennen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.