Bundesverfassungsgericht erschwert die Arbeit der Polizei bei Abschiebungen erheblich

My Home is my Castle - sagt das Bundsverfassungsgericht.

von KLAUS KELLE

BERLIN/KARLSRUHE – Wenn Sie im Internet etwas Unbotmäßiges schreiben, kann es ihnen heutzutage im besten Deutschland aller Zeiten passieren, dass Dutzende vermummte Polizisten morgens vor Ihrer Tür stehen und Einlass begehren. Der deutsche Popsängr Crow hat das in einem Lied mal schön formuliert:

„Und neulich häng ich so allein in ihrer Bude ab
Da komm′n die Cops durch die Tür und sagen: „Wir suchen was“
Ich sag: „Superkrass, ich bin hier eingesperrt…“

Gute Party-Mucke, aber bitterer Ernst, wie wir in den vergangenen Monaten (Elsässer, Bolz) immer wieder faesungslos zur Kenntnis nehmen mussten. Einige Kollegen aus den freien Medien haben schon so einen Dauerzynismus entwickelt, dass sie bei jedem Gespräch darauf hinweisen, ich solle meinen Bademantel stets griffbereit haben, wenn ich den Staat und die Herrschenden in Deutschland hart kritisiere.

Dass in Deutschland keine Rechtsgleichheit mehr herrscht, ist wenig überraschend. Heute haben wir das aber auch noch schriftlich vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bekommen.

Dort hatte ein Mann aus Guinea geklagt, der im September 2019 nach Italien abgeschoben werden sollte. Er war vorher mehrfach nicht in seiner Unterkunft angetroffen worden, war auch nicht zu einem Termin bei der Ausländerbehörde erschienen. Und so nahm der Rechtsstaat seinen Lauf – dachten wir jedenfalls. Polizeibeamte liefen morgens früh gegen 8 Uhr in der Flüchtlingsunterkunft dieses Herrn auf und klopften an seine Zimmertür. Trotz eindringlichem Klopfens, wurde nicht geöffnet, doch die Beamten vernahmen Geräusche aus dem Zimmer und nahmen an, dass sich da einer verstecken will. Also, Rammbock raus, und Tür aufgebrochen. Das ging schnell, und in der Tat – im Zimmer lagen zwei Männer in Unterwäsche in ihren Betten. Die Polizei stellte die Personalien der beiden Herren fest und identifizierten den einen als Abschiebekandidaten. Sie wiesen ihn an, seine Sachen zu packen für seine anstehende Reis nach Italien.

Die fand aber gar nicht statt, denn unser Gast aus Guinea klagte, nachdem er vor dem OVG Berlin-Brandenburg und dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abgewiesen wurde mit seiner Klage auch noch vor dem Bundesverfassungsgericht – das ihm nun Recht gab.

Die Karlsruher Richter fällten in Urteil, das – bei allem Respekt – nicht zu fassen ist und Abschiebungen in Deutschland praktisch unmöglich macht. Es ist keine Verschwörungstheorie, wenn man da politischen Willen zu erkennen vermag. Denn die Richter urteilten, dass auch ein Zimmer in einem Asylbewerberheim als eine vom Grundgesetz geschützte Wohnung gilt. Ganz besonders, weil die Bewohner in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft keine andere Rückzugsmöglichkeit hätten, sei „das zugewiesene Zimmer ein elementarer Rückzugsort und damit besonders schutzwürdig“.

Die Richter weiter: Vor jeder Festnahme müsse vorher ein Richter entscheiden, auch bei Abschiebungen.

Die Richter konkret: Wenn die Polizei nicht sicher wisse, wo sich der Gesuchte aufhält und dann in einen Raum eindringe, bräuchte es grundsätzlich immer die Genehmigung eines Richters. Sonst würde das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht genügend geschützt.

Das bedeutet: Nur wenn Gefahr im Verzug ist, also das polizeiliche Vorgehen besonders eilig ist, kann darauf verzichtet werden. Das ist bei geplanten Abschiebungen normalerweise aber nie der Fall.

Für die Polizei, die ohnehin mit dauernder anwachsender Bürokratie kämpfen muss, ein weiterer schwerer Schlag. Jochen Kopelke, GdP-Bundesvorsitzender, sagte gegenüber BILD: „Das Bundesverfassungsgericht erschwert unsere Polizeiarbeit. Zwar schafft das Gericht Klarheit in Abschiebesituationen, aber eben mit einem zusätzlichen Aufwand und Richterbeschlüssen, wenn es schnell gehen muss. Ich denke, diese Entscheidung verlangsamt alle politischen Abschiebeinitiativen und zwingt die Ausländerbehörden zu noch mehr Aufwand.“

Bildquelle:

  • Flüchtlingsunterkunft: adobe-stock

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren

Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.