„Da sanns so…In-di-vi-duen….“ auf dem Bahnhofsvorplatz

Liebe Leserinnen und Leser,

nach zwei arbeitsintensiven Tagen in Österreich im Taxi aus dem Weg zum Salzburger Hauptbahnhof sprach mich gestern der Fahrer an und fragte, an welcher Seite ich denn gern in den Bahnhof gehen möchte. Nun, das ist mir erstmal völlig egal am hellichten Tag in einer europäischen Großstadt, und er erklärte mir dann, dass ich doch lieber von hinten und dann durch den Tunnel in die Haupthalle gehen solle. Ich kannte den Fahrer nicht und erkundigte mich, was er denn meine, und er sagte, auf dem Platz vor dem Haupteingang „da sanns so…Indi-vi-duen…“ und fuhr dann fort, dass Salzburg ein Problem mit eben diese Individuen habe, die den ganzen Tag dort abhängen und sich mit Alkohol vollaufen ließen.

Eigentlich sei da Alkohol verboten, aber die Polizei unternehme nichts und so gäbe es da Gruppen von – sagen wir – Nichtseßhaften, mit denen ich und andere ganz sicher nicht ins Gespräch kommen wolle. Endlich konnte ich mal im Ausland wieder stolz auf mein Land sein, und erzählte, dass das vor den Bahnhöfen deutscher Großstädte inzwischen völlig normal sei in Duisburg oder Gelsenkirchen und Dortmund, in Hamburg und München. Ich ersparte ihm, von meinem absoluten deutschen Liebslings-Hauptbahnhof in Krefeld zu erzählen. Als ich vor Jahren dort das erste mal abends bei Dunkelheit ankam und auf den Vorplatz ging, dachte ich, dass hier gerade Dreharbeiten stattfinden. Dreharbeiten für ein Remake von Michael Jacksons legendären „Thriller“-Video, wo aus den Gräbern gruselige Gestalten kletterten, um sich dann zu einem Zombie-Flashmob zu formieren. Zombie-Flashmob, das trifft ziemlich genau, was da nachts für Menschen in Jogginghosen, mit Bierflasche in der Hand, vollkommen ungepflegt unterwegs ist.

Natürlich ist das alles übertrieben von mir Rechtspopulisten, und es sind bestimmt ganz wunderbare Menschen, die sich tagsüber vegan ernähren und klimaneutral ihren persönlichen CO2-Ausstoß unter Kontrolle halten. Sie sehen nur abends halt nicht so aus.

Ab und zu schreibe ich ja auch darüber, wenn ich im ICE beim Telefonieren versehentlich verpasse, in Düsseldorf auszusteigen und dann beim Duisburger Hauptbahnhof um 22.25 Uhr eine halbe Stunde als einziger Mitteleuropäer im Anzug und mit meiner Reisetasche auf einem Bahnsteig herumstehe und auf die nächste S-Bahn nach Düsseldorf warte. Da bekommen Sie einen konkreten Eindruck, was in Deutschland heutzutage unter bunter Vielfalt verstanden wird.

Also, ich hab es überlebt, es ist auch nichts passiert, es erinnert bürgerliche Menschen wie mich nur intensiv daran, wie es vor 20 Jahren auf den Bahnsteigen deutscher Großstadt-Bahnhöfe aussah.

Ich wünsche Ihnen eine schönen Tag, passen Sie auf sich auf, und vermeiden Sie möglichst, mit dem Zug nach Krefeld oder Duisburg zu fahren!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.