von CHRISTIAN KOTT
KARLSRUHE – Selten war ein Prozessergebnis so vorhersehbar wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner „Mietendeckel“ – ein beschönigender Begriff für etwas, was nicht weniger bewirkt hätte als die freie und soziale Marktwirtschaft auf dem Immobiliensektor schlicht abzuschaffen.
Deshalb waren nicht nur Juristen gar nicht überrascht, ebenso übrigens wie jeder, der sich noch an die Grundzüge des Gemeinschaftskundeunterrichts der 8. Klasse erinnern konnte, als die sogenannte „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ dran war. Die Verfassungswidrigkeit war so offensichtlich, dass die Prognose nicht sehr mutig war. Jeder, dessen Blick nicht durch neosozialistische Träumereien vom Zentralstaat und dem Feindbild des bösen Kapitals verstellt war wusste, was bei dieser Verfassungsbeschwerde herauskommen muss.
Das bringt uns zu einem ebenfalls interessanten Thema: Auch der rot-rot-grüne Berliner Senat wusste das von Anfang an genau. Selbst in der Berliner Landesregierung arbeiten Juristen (obwohl man es kaum glauben kann), und die haben von Anfang an deutlich gewarnt, dass dieser „Mietendeckel“ nicht nur verfassungsrechtlich zweifelhaft sondern völlig offensichtlich klar verfassungswidrig ist.
Wenn Sozialisten Revolution spielen wollen lassen sie sich aber von solchen Nebensächlichkeiten nicht beeindrucken, also pfeifen sie auf die Verfassung und peitschen das DDR-Gesetz durch die Gremien. Ob eine Landesregierung, die einen derartigen Umgang mit der Verfassung für normal erachtet, überhaupt im Amt bleiben kann, das mag auch davon abhängen, wie sie auf die Schlappe vor dem höchsten deutschen Gericht reagiert. Statt Reue oder Scham zu zeigen sind die Reaktionen aber noch erschreckender als der ohnehin schon beispiellose Gesetzgebungsvorgang: Aus Berlin kommt beleidigtes Wutgebrüll, man versucht die Mieter gegen das Bundesverfassungsgericht und die Kläger aufzubringen, als hätte ihnen die „ersparte“ Miete jemals zugestanden. Wäre die gleiche Energie, die die Sozialisten in ihre Propaganda stecken, in die Förderung des Wohnungsbaus investiert worden, wären die Mieten in Berlin übrigens am unteren Ende des deutschen Durchschnitts. Der Berliner Senat macht damit deutlich: „Vom Bundesverfassungsgericht lassen wir uns nicht beeindrucken, wir machen jederzeit wieder Gesetze, die greifbar gegen unseren gesellschaftlichen Konsens verstoßen wenn wir es für ideologisch richtig halten!“.
Das kennen wir doch aus jüngster Zeit irgendwoher?
Gerichte sind es nämlich auch in anderen gesellschaftlichen Fragen, die das allerletzte Bollwerk der Rechtsstaatlichkeit gegen dreiste Willkür und Arroganz der Regierungen darstellen.
In Fragen des Infektionsschutzes kassieren Gerichte den ausufernden Aktionismus, den Regierungen an den Tag legen müssen um die Panik, die sie selbst mitgeschürt haben, wieder einzufangen. Beherbergungsverbot – kassiert, Alkoholverbot – kassiert, Ausgangssperren – kassiert. In Mecklenburg Vorpommern kam die dortige Landesregierung sogar auf die abenteuerliche Idee, die grundgesetzlich garantierte Freizügigkeit aufzuheben – natürlich sofort kassiert. Jüngst wird die Test- und Maskenpflicht an den Schulen reihenweise einkassiert, jedesmal mit deutlichen Ohrfeigen an die Politik, sich auch beim Infektionsschutz an die Vorgaben der Rechtsordnung zu halten. Auch hier darf man keine Einsicht erwarten, denn die jeweils verantwortlichen Regierungen treten nicht etwa beschämt zurück, sondern sie erlassen die gerade gekippten Gesetze mit ein paar veränderten Buchstaben einfach erneut.
Das Bundesverfassungsgericht musste die Bundesregierung an die Selbstverständlichkeit erinnern, dass das dem Bürger abgepresste Steuergeld (übrigens bei der höchsten Abgabenbelastung im gesamten Gebiet der OECD) nicht in schwindelerregender Höhe in die Hände des Finanzmarkts verschoben werden darf. Das Bundesverfassungsgericht kippte im vergangenen Jahr die deutsche Beteiligung am ESM. Reaktion der Bundesregierung: Keine, das höchste deutsche Gericht wird einfach ignoriert.
Jüngst stoppte ebenfalls das Bundesverfassungsgericht das als „Wiederaufbaufonds“ geframete größten Korruptionsprogramm der Nachkriegsgeschichte. Wir dürfen gespannt sein, auf welchen Umwegen die Bundesregierung der EU die deutschen Steuermilliarden trotz des Gerichtsbeschlusses zukommen lässt.
In der klassischen Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative hält sich schon seit Längerem nur noch die letztgenannte an die Grundsätze unserer Verfassung. Die inoffizielle vierte Gewalt, die Medien, hingegen versagen besonders intensiv, denn sie hätten vor gar nicht allzu langer Zeit noch dafür gesorgt, dass über jedem, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung offensichtlich mit Füßen tritt, so enorm der Himmel zusammenbricht, dass Rücktritt wie Erlösung erschienen wäre.
Die Gerichte sind es, denen man an dieser Stelle einmal Respekt zollen muss dafür, dass wenigstens sie noch versuchen, uns alle vor Willkür und Arroganz zu schützen.
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- Bundesverfassungsgericht: pixabay