Der Feind im Innern: Nach seiner massiven Merkel-Kritik hat die Jagd auf BILD-Chef Julian Reichelt begonnen

von KLAUS KELLE

Die aktuelle Kampagne gegen BILD-Chefredakteur Julian Reichelt und den Axel Springer Verlag insgesamt artet aus. Vordergründig wirft man dem 40-Jährigen seinen Umgangston und Mobbing vor, doch Insider wissen, dass die Jagd auf Deutschlands mächtigsten Chefredakteur, immer noch Herr über die größte Tageszeitung in Deutschland, politisch motiviert ist. Das Haus Springer hat inzwischen die renommierte Anwaltskanzlei Freshfields mit einer Compliance-Untersuchung beauftragt, um die Vorwürfe, er habe „wiederholtes Fehlverhalten gegenüber Frauen“ in der Redaktion gezeigt, zu prüfen.

Bei diesen Vorwürfen geht es aber ganz offenbar nicht um sexuelle Belästigungen, sondern Reichelts barschen Umgangston in der Redaktion überhaupt. Ich selbst habe sechs Jahre als Leitender Redakteur für die BILD-Zeitung gearbeitet, und ja, wenn man jeden Tag auf der Jagd nach Schlagzeilen und Sensationen ist, dann parliert man nicht wie in einem Mädchenpensionat. Auch ich habe derbe Sprüche immer wieder gehört, und sicher auch mal einen oder anderen rausgehauen, den ich so nicht vor einer Kamera oder im Wortgottesdienst wiederholen würde. Aber das sollte man wissen, wenn man bei der erfolgreichsten Tageszeitung in der Geschichte der Bundesrepublik arbeitet. Wer Hitze nicht erträgt, sollte nicht in der Küche arbeiten.

Nach allen Informationen, die heute aus dem Hause Springer zu bekommen sind, hat sich Julian Reichelt nichts Strafbares zu schulden kommen lassen. Es geht um seinen Umgangston, um harsche Sprüche – nicht strafbar, aber willkommen für alle, die einen unbequemen Journalisten loswerden wollen. Und unbequem ist Reichelt, und unglaublich gut. Ein mutiger Kollege, der weder vor Erdogan und China noch vor Wladimir Putin zurückzuckt. Der – endlich – das kritiklose „Refugees welcome“ des eigenen Blattes aufbrach und wagte zu berichten, was in Deutschland mit einem Teil der „Refugees“ wirklich los ist. Das ist die Aufgabe eines Journalisten, sagen was ist!

Doch nun hat Julian Reichelt etwas getan, was in in den Augen seiner Gegner unverzeihlich ist: Er hat die Amtsführung der Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem atemberaubenden Video massiv kritisiert. Sein Vorwurf: In der Corona-Krise habe die Regierungschefin außer flache Ansprachen nichts für die Bürger getan. „Was von der Milliarden Steuerüberschüssen der vergangenen Jahre fließt jetzt an Menschen in Not zurück, die sich an die Regeln halten, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können, deren Firma pleite ist?“ Und weiter: „Da erwarte ich mehr von ihr als „Haltet Abstand“ – das weiß ich selbst!

Wenn jemand aus dem großen Machtspiel ausschert und Klartext redet, und dann noch direkt an die Frau im Kanzleramt gerichtet – dann hat das Konsequenzen. Nicht nur die Parteifreunde aus dem „Pacto Andino“ mussten das schon ab 2005 erleben – Wulff, Merz, Koch und später zu Guttenberg – sondern viele Weitere. Merkel ist beinhart, wenn es um ihre Macht und ihren Status geht. Wie heißt es in Ahnlehnung an den Filmklassiker: „Leichen pflastern ihren Weg“.

Der großartige Kollege und Freund Boris Reitschuster, für mich derzeit der wichtigste aktive Journalist der deutschen Hauptstadt, schrieb heute auf seinem gleichnamigen Blog:

„Die Intervalle zwischen meinen Moskau-Déjà-vus und den Momenten, wo ich mir sage „das kann doch gar nicht wahr sein!“ werden immer kürzer.“

Boris und ich kennen Julian Reichelt persönlich, wissen um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vom autoritären Führungsstil. Reichelt und ich sind keine Buddies, aber ich habe größten Respekt davor, wie er die BILD wieder zu einem echten Blatt der kleinen Leute mit ihren Alterssorgen gemacht hat. Doch darum geht es hier nicht, es geht darum, einen der wichtigsten Journalisten des Landes zur Strecke zu bringen, der es gewagt hat, an der Gottkanzlerin schmerzhaft zu rütteln.

In einer großen Redaktion mit Hunderten Journalisten sind nicht alle einer Meinung, und natürlich gibt es auch welche, die gern 14 Monatgehälter und schöne Sozialleistungen abgreifen, aber mit dem grundsätzlichen Kurs des Hauses nicht übereinstimmen. Viele bleiben, kassieren und streuen bei jeder Gelegenheit Sand ins Getriebe. Andere folgen ihren Überzeugungen und gehen freiwilig, so wie die einstige Chefredakteurin der BILD am Sonntag, Marion Horn.

Reichelts Feinde im Inner Circle liefern die Stichworte, damit der linksgrüne Mainstream auf Touren kommt, der SPIEGEL oder der unsägliche Jan Böhmermann, den wir für seine permanente Hetze alle bezahlen dürfen. Und die Kampagne hat erst begonnen. Und sie richtet sich nur in erster Linie gegen Reichelt persönlich, und dann gegen BILD und das letzte verbliebene nicht-linke Großunternehmen unter den deutschen Medien: Axel Springer.

Und genau der, der Gründervater sozusagen, einer der, wenn nicht der größte deutsche Verleger überhaupt, sagte einmal:

„Es ist die Aufgabe einer guten Tageszeitung, die Dinge beim Namen zu nennen, nicht sie zu beschönigen.“

So ist es, und deshalb verdient Julian Reichelt alle Unterstützung, die man ihm organisieren kann. Halte durch, Kollege!

 

Bildquelle:

  • Julian_Reichelt_BILD: bild screenshot

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.