Die Vereinten Nationen: Gut gedacht, schlecht gemacht

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Bundeskanzler Olaf Scholz hat gestern vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York gesprochen. Es war eine gute Rede, keine überragende, aber handwerklich sauber, wie man das in meinem Beruf nennt. Der spröde Hanseate mit den Merkwürdigkeiten im Lebenslauf sprach dabei vor allem über – na, klar – den Frieden an sich und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Speziellen.

Natürlich sprach er über den Frieden, denn darum geht es ja bei den Vereinten Nationen. Alle sprechen da über den Frieden, selbst die schlimmsten Kriegstreiber.

Alle, die Verantwortung haben für diesen Planeten mit seinen bald acht Milliarden Menschen, sollten sich zusammensetzen und miteinander reden. Und wenn es Probleme gibt, dann lösen sie diese gemeinsam.

Denn, nur mal zur Erinnerung: Unsere Welt könnte ein wirklich charmanter Ort sein. Der Hunger könnte besiegt werden, die Armut insgesamt auch. Es müssten auch keine Kriege mehr geführt werden, und – das wird Sie vielleicht überraschen – es ich auch noch genug Platz auf der Erde. Wir könnten die Meere vom Plastikmüll befreien, organisieren, dass es keine Fluchtbewegungen in den Elendsregionen dieser Welt geben muss, weil die Weltgemeinschaft zusammen dafür sorgt, dass in Afrika, dem Osten Russlands und in Teilen Südamerikas die Lebensverhältnisse der Menschen wirklich lebenswert werden. Und schließlich sollte es ein paar Regeln geben, die das Miteinander der Völker möglich machen.

Ja, müsste, sollte, hätte

Aber nur sehr wenig davon passiert. Natürlich ist der Hunger weniger geworden, und dennoch sterben Menschen in Afrika, weil sie nicht genug zu essen und nicht genug Wasser zu trinken haben. Es werden brutale Kriege geführt und Menschen und ihre Familien in KZ-ähnlichen Straflagern zusammengepfercht, weil sie anders denken oder glauben als die Machthaber dort.

Und dann halten die verantwortlichen Politiker zwei Mal im Jahr eine Sonntagsrede fürs Publikum, und alles läuft weiter wie vorher.

Ich meine, was ist das für eine himmelschreiende Idiotie, heute noch Kriege zur Verschiebung von Grenzen zu führen? Als Mitteleuropäer kommt einem das einfach nur grotesk vor – aber es passiert. Nicht nur die großen Kriege wie jetzt um das Überleben der Ukraine.

Im Südkaukasus hat das autoritär geführte Aserbaidschan gestern erneut Kampfhandlungen gegen Berg-Karabach begonnen. In der von Armeniern bewohnten Region starben gleich am ersten Tag Dutzende, darunter Frauen und Kinder. Für was?

Die beiden ehemaligen sowjetischen Länder kämpfen seit Jahrzehnten um Berg-Karabach. Ausgerechnet Russland hat nun dazu aufgerufen, „das unnötige Blutvergießen“ zu beenden. Man weiß nicht, ob man weinen oder schreien sollte angesichts des Zynismus und der Menschenverachtung in Moskau.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass man 98 Prozent aller Probleme mit etwas gutem Willen lösen kann. Einfach miteinander reden und Lösungen finden. Persönlich ist mir vollkommen egal, ob die Krim oder der Donbass zur Ukraine oder zu Russland gehört. Setzt euch an einen Tisch und regelt das einvernehmlich! Und wenn es da Bodenschätze oder werthaltige Industrie gibt, dann teilt die auf! Aber hört doch mit dem sinnlosen Gemetzel auf!

Der Bundeskanzler hat ein paar richtige Dinge zur Sprache gebracht. Für mich ist der Satz, der in meinem Kopf hängengeblieben ist: «Vergessen wir nicht: Es ist Russlands Präsident, der den Krieg in der Ukraine mit einem einzigen Befehl jederzeit beenden kann.»

Und das müssen wir uns immer und immer wieder in Erinnerung rufen und laut sagen. Russland hat diesen Krieg begonnen, Putin kann ihn mit einem einzigen Anruf sofort beenden. Punkt. Alles andere ist Prosa. Was die Amis auch Böses gemacht haben, und warum die Häfen am Schwarzen Meer wichtig sind und Russland sich bedroht fühlt, und warum immer mehr Länder in die NATO wollen…Leute, nichts rechtfertigt das, was da in der Ukraine seit eineinhalb Jahren passiert. Herr Präsident Putin, nehmen Sie endlich den sch…Hörer in die Hand und beenden Sie das Gemetzel!

Zum Schluss noch einmal zurück zu Olaf Scholz, der eine Reform der UN anmahnt. Auch damit hat er Recht, auch das ist allerdings nicht neu. Die Generalversammlung als Laberbude, der Sicherheitsrat blockiert von den großen Atommächten – je nachdem, wer gerade blockieren will – das Vetorecht in der bisherigen Form. All das funktioniert nicht mehr, wie es einmal gedacht war.

Heute fliegt Scholz zurück nach Berlin, er wird zufrieden mit seinem Auftritt sein. Aber wird sich danach irgendetwas auf der Welt ändern?

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.