Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!
Man sagt das so als Morgengruß, aber es ist kein guter Morgen. Die US-Regierung hat in der Nacht mitgeteilt, dass sie ihre Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine „vorerst einstellt“. Offenbar hängt diese nicht unerwartete Entscheidung mit dem Eklat im Weißen Haus vergangenen Freitag zusammen, als Trump und sein Außenminister JD Vance vor den Augen der Weltöffentlichkeit den ukrainischen Präsidenten in unflätiger Weise abkanzelten. Und als der wagte, zu widersprechen, da war es dann halt vorbei.
Die Amerikaner, die eigentlich an dem Tag einen „Deal“ mit Wolodymyr Selenskyj abschließen und zusammen zu Abend essen wollten, warfen den Gast einfach raus. Ein beispielloses Vorgehen in der Geschichte der Diplomatie.
Erlauben Sie mir, mich an dieser Stelle bei Ihnen zu entschuldigen!
In den Wochen nach der erneuten Wahl von Donald Trump zum Präsidenten des mächtigsten Staates auf dem Planeten und dann nach der Amtseinführung bei seinen ersten Dekreten, bei seine ersten „disruptiven Handlungen“, da war ich total begeistert. Frei denken, über Grenzen hinausgehen, Neues wagen – das ist das Amerika, das ich Zeit meines Lebens liebe. Und das ist auch heute noch so.
Ich habe Freunde in den USA, war so oft dort – beruflich, privat. Habe so viele tolle Menschen dort kennengelernt, herzlich, gastfreundlich, dass ich in diesen Tagen wirklich schockiert bin. So, als wachte man aus einem schlimmen Alptraum auf und wünscht sich, wieder einschlafen zu dürfen. Aber das wird erstmal vier Jahre lang nicht passieren.
Die Entscheidung der US-Regierung ist ein schlimmer Schlag für die ums Überleben kämpfende Ukraine. Hätte Selenskyj diplomatischer und dankbarer sein sollen? Vielleicht. Hätte er im Anzug mit Krawatte kommen sollen? Lächerliches Thema. Der Präsident der Ukraine kommt in der Kleidung, die er anziehen will. Punkt.
Die USA waren seit Kriegsbeginn, seit Putin seine Panzer ins Nachbarland rollen ließ, der wichtigste Verbündete. Neben militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe ist besonders ein Faktor der mögliche Todesstoß für die Ukraine: die zu erwartende Abschaltung des Starlink-Satellitensystems durch Elon Musks Firma SpaceX.
Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, dass die US-Regierung der Ukraine gedroht habe, Starlink abzuschalten, heißt: das Internet für die Menschen im Land aber besonders für die kämpfenden Truppen abzuschalten. Wenn Starlink weiter zur Verfügung stehen soll, müsse umgehend ein „Deal“ beim Abbau seltener Erden in der Ukraine geschlossen werden.
Tech-Milliardär Elon Musk dementierte und bezeichnete auf seiner Plattform X den Reuters-Bericht als „falsch“ und „Lüge“.
Aber, und das ist das Schlimmste: Wer glaubt dieser Administration noch irgendetwas?
Trumps Anweisung zur Einstellung der Militärhilfe trete sofort in Kraft und betreffe Waffen und Munition im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar, die bereits in der Auslieferung oder bestellt worden seien, schreibt die „New York Times“.
Amerika, das war für mich immer das große Land der Freiheit. Das Bollwerk, die „shining City upon a hill“, wie der große Prediger John Winthrop das einmal genannt hat. Und der große US-Präsident Ronald Reagan führte dieses Bild in seiner „Farewell Adress“, seiner Abschiedsrede, unter Bezug auf Winthrop aus:
„Ich habe mein ganzes politisches Leben lang von der leuchtenden Stadt gesprochen, aber ich weiß nicht, ob ich jemals richtig vermittelt habe, was ich sah, als ich es sagte. Aber in meiner Vorstellung war es eine große, stolze Stadt, die auf Felsen gebaut war, die stärker als Ozeane waren, windgepeitscht, von Gott gesegnet und voller Menschen aller Art, die in Harmonie und Frieden lebten; eine Stadt mit freien Häfen, die vor Handel und Kreativität brummten. Und wenn es schon Stadtmauern geben musste, dann hatten die Mauern Türen, und die Türen standen jedem offen, der den Willen und das Herz hatte, hierher zu kommen. So habe ich die Stadt gesehen und sehe sie immer noch so.
So habe ich Amerika immer gesehen. Und will es auch heute noch. Aber Donald J. Trump ist dabei, mir diese Hoffnung zu rauben.
Mit herzlichen Grüßen
Klaus Kelle
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