Dr. Martin Vincentz (AfD): „Schwarz-Blau hätte eine solide Mehrheit in Deutschland“

Dr. Martin Vincentz im Gespräch mit TheGermanZ-Chefredakteur Klaus Kelle

DÜSSELDORF – In Düsseldorf leitet der Allgemeinmediziner Dr. Martin Vincentz den größten Landesverband und die Landtagsfraktion der AfD. Vincentz gilt als Realpolitiker, nichts an ihm ist radikal, er hatte eine auskömmliche bürgerliche Existenz und ist nicht auf Politik und ein Mandat angewiesen. Und dennoch hat er entschlossen, nicht mehr zuzusehen, wie Deutschland Schritt für Schritt vor die Wand gefahen wird. Ein Gespräch mit dem Chef der AfD in Nordrhein-Westfalen.

Der Verfassungsschutz in NRW hat Ihnen zu Weihnachten quasi als Präsent die Beobachtung der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) praktisch unter den Weihnachtsbaum gelegt. Wie bewerten Sie das, wie sollen Sie darauf reagieren?

Es ist leider nicht mehr auszuschließen, dass sich der Verfasusngschutz hier politisch instrumentalisieren lässt. Dieser Eindruck verfestigt sich immer mehr. Umfragehoch der AfD, Beobachtung, nächstes Umfragehoch, gesichert rechtsextrem. Das sieht fast nach Kampagne aus. Zudem haben etliche Verfassungsschutz-Präsidenten ein Parteibuch von SPD und CDU. Auch hier drängt sich zumindest die Vermutung auf, dass diese Amtspersonen nicht zu 100 Prozent politisch neutral agieren. Es wird ja offen von Seiten der anderen Parteien darüber diskutiert, dass man uns am liebsten verbieten und sich damit der unerwünschten Opposition entledigen würde. Es scheint also, als würde man vom Ergebnis her denken: Die AfD soll verboten werden, also leiten wir die nötigen Schritte dafür ein.

Die Wähler lassen sich davon nur immer weniger beeindrucken, wie die Umfragen und Wahlergebnisse zeigen. Und ein tatsächliches Verbot erscheint bei der mageren Beweisführung sowieso ausgeschlossen…

Dennoch prüfen wir natürlich genau, wen wir aufnehmen und wer in unseren Reihen ist. Auch die absolut überwältigende Mehrheit der nordrhein-westfälischen JA hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. In den ganz wenigen Fällen, in denen Grenzen überschritten wurden, haben wir immer schnell und hart reagiert, bis hin zum Parteiausschluss. Dass werden wir auch in Zukunft so handhaben. Ich kann Ihnen versichern sowohl die AfD-NRW, als auch die JA NRW stehen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Diese Härte auch in den eigenen Reihen und das klare Bekenntnis zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung würde ich mir von allen Parteien wünschen.

Wie sieht es innerparteilich aus? Sie stellen sich ja im Februar zur Wiederwahl, wie man hört?

Ich gehe davon aus, dass ich mit meinem Team wiedergewählt werde. Wir haben eine sehr starke und inhaltsorientierte Mannschaft zusammengestellt und können auf sehr erfolgreiche zwei Jahre Amtszeit zurückblicken. Und wie ich aus den einzelnen Bezirken höre, können wir mit einer breiten, für AfD-Verhältnisse sogar sehr breiten, Mehrheit rechnen.

Die Zeiten in denen Gruppen und Lager unnötigen Streit und Zwietracht in die Partei tragen konnten, sind zum Glück vorbei. Die Partei ist dies leid und hat sich sehr professionalisiert. Wir sind uns unserer gewaltigen Aufgabe und auch der Hoffnung, die die Menschen in uns setzen, mehr als bewusst. Da ist kein Platz mehr für destruktive Egotrips. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

Was meinen Sie damit genau?


Für viele Menschen sind wir tatsächlich so etwas wie die letzte Hoffnung, ohne jetzt pathetisch klingen oder übertreiben zu wollen. Sie haben die Hoffnung in die anderen Parteien teilweise schon lange verloren und werden durch deren Politik an den Rand der wirtschaftlichen Existenz getrieben, manchmal darüber hinaus. Das versuche ich allen Parteifreunden immer wieder in Erinnerung zu rufen, die sich selbst an erste Stelle setzen.

In Nordrhein-Westfalen regiert ein CDU-Ministerpräsident mit den Grünen. Wie bewerten Sie deren Arbeit?

Sowohl die Arbeit der Bundesregierung als die NRW-Landesregierung sind eine Katastrophe. Die Ampel in Berlin und Schwarz-Grün in NRW sind die Totengräber unseres Wohlstandes, unserer Wirtschaft, unserer Freiheit, vielleicht sogar unserer Demokratie, kurz, von allem was eine bürgerliche Republik ausmacht. So lange die CDU/CSU ihre undemokratische „Brandmauer“ aufrecht erhält, wird sich nichts ändern und immer weiter linke Politik vorherrschen. Die besten Beispiele sind NRW und Berlin.

Die CDU probiert jetzt mit ihrem Grundsatzprogramm einen Neustart und sich wieder ein neues konservatives Profil zu geben. Haben Sie keine Befürchtungen, dass die Union Ihnen Wähler abspenstig macht?

Überhaupt nicht! Die Union „weidelt“ vor jeder Wahl und danach wird weiter „gemerkelt“. Wer Personen wie Genossen Günther und Wüst in Führungspositionen hat, ist nichts weiter als eine schwarzlackierte Grüne Partei. Die Union ist mittlerweile absolut unglaubwürdig im konservativen Milieu. Die Bevölkerung will eine Wende hin zu bürgerlicher Politik, und die gibt es nur mit der AfD. Mit wem will die CDU denn ihr neues Grundsatzprogramm verwirklichen in der Realität? Den Grünen? Vielleicht demnächst mit den Linken in Thüringen? In den Umfragen hätte eine schwarz-blaue Koalition bereits eine solide Mehrheit auf Bundesebene. Es wäre übrigens aktuell die einzige Zweier-Koalition, die eine absolute Mehrheit hätte. Deutlicher kann der Wählerwille doch nicht sein.


Aber es gibt ja diese „Brandmauer“ nunmal…

Ja, aber es brennt lichterloh. Allerdings auf der anderen Seite und nicht bei uns. Die panisch beschworene Brandmauer ist nichts weiter als ein linkes Machtinstrument, um eine bürgerliche Wende zu verhindern. Dramatisch ist doch, dass die Union darauf hereinfällt. Das hat doch sogar Jens Spahn im BILD-Interview zugegeben. Solange die Brandmauer existiert wird die CDU linke Politik machen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass sich in naher Zukunft die Vernunft in der Union durchsetzen wird. Sie muss sich durchsetzen, sonst hat sich die CDU überlebt. Niemand braucht noch eine weitere linke Partei.

Ist es ihr Ziel als AfD Regierungsverantwortung zu übernehmen?

Selbstverständlich. Nur in der Regierung kann man Sachen bewegen uns das Land wieder in die richtige Richtung lenken. Allerdings muss sich die Union in Nordrhein-Westfalen erst wieder klar zu bürgerlichen und konservativen Werten bekennen, nur dann käme sie für uns als Koalitionspartner in Frage. Solange „kein Blatt zwischen CDU und Grüne passt“, wie vor kurzem erst einer der letzten sogenannter konservativer Hardliner der CDU betonte, können wir da nicht mitgehen.

Sehen Sie die CDU als natürlichen Koalitionspartner?

Die Vor-Merkel CDU wäre es, die aktuelle müsste sich wieder klar zu ihren eigentlichen Grundwerten bekennen. Sollte sie das allerdings nicht tun, wird sie den Weg der italienischen DC gehen und verschwinden, davon bin ich fest überzeugt. Auch das wäre in Ordnung. Nur so wie es ist, so kann es nicht weiter gehen

Das Gespräch mit Herrn Dr. Vincentz führte Klaus Kelle.

Bildquelle:

  • Dr. Martin_Vincentz_AfD: thegermanz

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.