von CHRISTIANE FLECHTNER
ZELL AM SEE – erot tanzt die Flamme in den nächtlichen Sternenhimmel. Eine weitere Fackel wird angezündet, dann noch eine. Sie alle erhellen den eisigen Weg im Naturschutzgebiet am Zeller See und wollen den Sternen wohl Konkurrenz machen. Der große Wagen liegt auf der Seite – seine sieben Sterne sind so nah, als würden sie der Erde entgegenfallen.
Nur die Schritte sind zu hören, ansonsten ist es still in unserer Gruppe, die zu einer Fackelwanderung aufgebrochen ist.
Die Region Zell am See-Kaprun am Rande des Nationalparks Hohe Tauern hat auch im Winter viel zu bieten: Neben den 408 Pistenkilometern und 121 Liftanlagen der Skiregionen Schmittenhöhe, Saalbach-Hinterglemm Leogang Fieberbrunn und dem Gletscherskigebiet Kitzsteinhorn, diversen Langlaufloipen, 40 Kilometer Wanderwegen im Schnee und der Rodelbahn im Köhlergraben, gibt es weitere Möglichkeiten, der Natur und den Elementen ganz nah zu sein – und die Fackelwanderung zählt dazu.
Der nächtliche Spaziergang auf dem Weg, dessen Seiten der weiße Schnee säumt, führt mitten durch das Natur- und Europaschutzgebiet Zeller See am südlichen Ende des 3,8 Kilometer langen Gewässers, der vor mehr als 10.000 Jahren entstanden ist – durch eine von den Eismassen der nördlichen Glocknergruppe hervorgerufene Ausschürfung. Das geschützte Feuchtgebiet mit seinem Verlandungsmoor ist naturbelassen, beherbergt unzählige Vogel- und Tierarten wie die Eiderente und das Schwarzkehlchen, Reiher, Waldohr- und Sumpfohreule, Eisvogel und Wiedehopf sowie Reh, Fuchs, Fischotter und Ringelnatter – und ist zudem eine wichtige inneralpine Raststation für Zugvögel.
Von den Tieren ist in der Nacht nichts zu sehen, aber die Atmosphäre hier ist nahezu mystisch
Denn obwohl die Ortschaft Zell am See mit ihren rund 10.000 Einwohnern ganz in der Nähe ist, ist es still. Wanderführer Phil Aigner macht eine kleine Pause auf einer Brücke und erwärmt Hände, Kehle, Magen und Herz der Nachtwanderer, bevor es zurück ins Warme geht.
Mit Feuer hat auch der nächste Morgen zu tun: Die große Flamme aus dem Brenner füllt den buntgestreiften Ballon, mit dem Pilot Werner Schrank von der „Flaggl Ballooning GmbH“ samt Passagieren schon bald in die Luft aufsteigen wird. Der tiefblaue Himmel steht in extremem Kontrast zu den eisigen Bergen, als die Gruppe bei frostigen minus 12 Grad in den Korb steigt. Schrank öffnet das Brennerventil, und die Flamme schießt empor – es ist das berühmte Zünglein an der Waage, das den Ballon zum Schweben bringt. Schon nach wenigen Minuten schwebt der Ballon über dem Zeller See.
Schrank weiß, was er tut
Schon mit 17 hat der Österreicher aus der Südoststeiermark den Pilotenschein gemacht, und seitdem „hat mich die Leidenschaft nicht mehr losgelassen“, sagt er. Diese teilt er mit den Passagieren, die schon bald aus 3.400 Metern Höhe die 30 Dreitausender der Hohen Tauern aus der Vogelperspektive bestaunen können. Sie liegen den Ballonfahrern majestätisch zu Füßen. Der Ballon treibt in Richtung Nordwesten, und schon bald kommen die Steinplatte und der Wilde Kaiser in Sicht. Bis zum Chiemsee und ins Inntal kann man sehen. Der Ballon schwebt auch direkt über den Sendemast auf dem Kitzbüheler Horn, ehe der Pilot nach drei Stunden langsam ans Landen denkt. Das erfolgt in St. Johann in Tirol. Ein unvergessliches Erlebnis, das jedes Jahr von Oktober bis Mitte März möglich ist.
Zum Abschluss geht es noch steil nach oben: zur eisigen Aussicht in über 3.000 Metern Höhe. Mit fünf verschiedenen Gondeln ist die Gipfelwelt 3.000 mit ihrer Panorama-Plattform auf 3.029 Höhenmetern erreicht. Von hier oben ist der Blick auf den blaugrauen Gletscher und die Gipfelwelt atemberaubend. Wer Zeit hat, sollte sich die Nationalpark Gallery, einen 360 Meter langen Informationsstollen, nicht entgehen lassen. Er wurde gebaut, um die Bergstation am Kitzsteinhorn fest zu verankern. Im Innern erfahren Besucher viel Interessantes zum Bau der Gipfelbahn, den Kristallen sowie der Gold- und Silbergewinnung in der Region und der Geschichte der Alpen.
Fazit: Berge, Gletscher und See – das ist eine phantastische Kombination. Wer eine Auszeit aus dem Alltag braucht, ist hier genau richtig …
Die nächste Ballonwoche Balloonalps findet übrigens vom 3. bis 11. Februar 2024 statt. Weitere Infos unter www.balloonalps.com
Informationen:
Anreise
bequem mit dem Zug bis zum Bahnhof Zell am See oder mit dem Pkw von Norden kommend über die A9 aus München, von Süden über die Tauernautobahn A10, aus Osten über die Westautobahn A1 und von Westen über die Inntalautobahn A12 bis Wörgl und danach über die Bundesstraßen
Übernachten
Sport- und Familienresort Alpenblick (4*S) der Familie Segl, Alte Landesstraße 6,
5700 Zell am See, Austria
www.alpenblick.at
Ballonfahrten: www.apfelwirt.at oder www.balloonalps.com
Weitere Informationen: www.zellamsee-kaprun.com
Bildquelle:
- Zell_am_See: christiane flechtner