Fingerhakeln auf höchster Ebene: Putin lässt Obama ins Leere laufen

Kremlchef Putin: «Wir werden niemanden ausweisen.» Foto: Alexey Nikolsky/Archiv

Moskau/Washington – Nach der Ausweisung russischer Diplomaten aus den USA wegen angeblicher Hackerangriffe setzt Kremlchef Wladimir Putin auf Deeskalation und verzichtet vorerst auf Gegenmaßnahmen. «Wir werden niemanden ausweisen», teilte der russische Präsident am Freitag in Moskau mit. Der designierte US-Präsident Donald Trump pries ihn für diesen Schritt.

Amtsinhaber Barack Obama hatte am Donnerstag mit ungewöhnlich harten Sanktionen auf angebliche Hackerangriffe während des US-Präsidentschaftswahlkampfes reagiert. Die US-Behörden werfen Russland vor, mit Cyberattacken auf Computer der demokratischen Partei dem späteren Wahlsieger Donald Trump geholfen zu haben. Die neuen Strafmaßnahmen richten sich unter anderem gegen die Geheimdienste GRU und FSB sowie gegen Unternehmen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow schlug daraufhin vor, als Reaktion auf die Ausweisung 35 russischer Diplomaten ebensoviele US-Diplomaten zu unerwünschten Personen (Persona non grata) zu erklären. «Wir werden keine Probleme für US-Diplomaten in Russland schaffen», hieß es aber später in einer Mitteilung des Kremls.

Auch die Schließung eines Erholungszentrums für Botschaftsangehörige im Nordwesten Moskaus lehnte Putin ab. «Russland wird den Familien und Kindern (der Diplomaten) nicht verbieten, die von ihnen genutzten Erholungsorte zum Neujahrsfest zu besuchen. Mehr noch. Ich lade alle Kinder der in Russland akkreditierten Diplomaten zu einem Neujahrs- und Weihnachtsfest in den Kreml ein.»

Trump lobte Putin für den Verzicht auf Gegenmaßnahmen. Das sei ein großartiger Zug, schrieb Trump am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter. «Ich habe immer gewusst, dass er sehr klug ist.»

Trump will sich in der kommenden Woche mit Vertretern der Geheimdienste treffen, um sich von ihnen unterrichten» zu lassen. Der um bessere Beziehungen zu Russland bemühte Republikaner hat bisher starke Zweifel an den geheimdienstlichen Erkenntnissen geäußert. Die Einschätzung, dass sie teilweise darauf abzielten, ihm zum Wahlsieg zu verhelfen, nannte er «lächerlich».

Obama hatte die Sanktionen als «notwendige Antwort» auf Versuche dargestellt, den Interessen der USA zu schaden. Der Konflikt bringt das ohnehin zerrüttete Verhältnis zwischen Moskau und Washington auf einen neuen Tiefpunkt. Nicht nur die Hackervorwürfe belasten die Beziehungen, auch im Syrien-Krieg, dem Ukraine-Konflikt und bei der Ausweitung von Nato-Aktivitäten in Osteuropa liegen beide über Kreuz.

Putin bezeichnete Obamas Schritte als Provokation, die auf eine weitere Unterhöhlung der russisch-amerikanischen Beziehungen abziele. Russland behalte sich das Recht auf Gegenmaßnahmen vor, werde aber keine verantwortungslose Diplomatie betreiben. Vielmehr setze er auf konstruktive und pragmatische Beziehungen zu den USA angesichts globaler Herausforderungen, sagte Putin.

Die weiteren Schritte Russlands hingen von der Politik der neuen US-Regierung unter Trump ab, betonte Putin. Der Republikaner Trump wird am 20. Januar in Washington vereidigt.

Der russische Verteidigungspolitiker Franz Klinzewitsch meinte, er rechne damit, dass Trump die US-Strafmaßnahmen nach seinem Amtsantritt wieder aufheben werde. Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa sagte, sie hoffe, Obamas Sanktionen seien «die letzte seltsame, dumme Entscheidung» der scheidenden US-Führung. Unter den ausgewiesenen russischen Diplomaten seien Mitarbeiter, die erst seit zwei Monaten in den USA seien, sagte sie. Russland schicke ein Flugzeug, um die Ausgewiesenen nach Hause zu bringen.

Trump könnte die Sanktionen nach seinem Amtsantritt am 20. Januar tatsächlich umgehend aufheben. Allerdings hätte er dabei wohl mit erheblichem Widerstand in seiner Partei zu kämpfen. Etliche Mitglieder fordern eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen Moskau. Die mächtigen republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham traten für noch härtere Maßnahmen gegen Russland ein.

Bildquelle:

  • Kremlchef Putin: dpa

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren