Freiheit ist, wenn man auch den Anderen zuhört und Raum lässt

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Ich bin immer mal wieder erstaunt, wenn ich höre und sehe, dass in Medien autoritärer Staaten Kritiker der offiziellen Politik-Linie zu Wort kommen, während in unserer doch der Lehre nach freien und bunten Medienlandschaft, Kritiker der herrschenden Linie ausgegrenzt werden. Wenn Sie etwa daran denken, wie unsere öffentlich-rechtlichen Staatssenderundfunkanstalten AfD-Vertreter gar nicht einladen oder behandeln, wenn doch mal. Ich meine, wir reden immerhin von gut einem Fünftel der deutschen Wähler.

Auf der anderen Seite: Schauen wir mal nach Russland!

Da saß jüngst Sergei Markow im Studio der Radiosendung „Echo von Moskau“ und durfte unbehelligte aussprechen, was jeder Beobachter ohnehin schon wusste. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war von Anfang an ein Desaster. Politik und Soldaten seien vor dem Einmarsch nicht ausreichend vorbereitet worden, nach dem gescheiterten Angriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew hätte Russland, die „Spezialoperation“ direkt abbrechen müssen. Markow wörtlich: „Jeder hätte das, selbst Putin.“

Ich meine, eine solche Aussage in einem offen zugänglichen Medium, das ist schon mutig in einem Land, wo Menschen 14 Jahre Lagerhaft bekommen, wenn sie öffentlich im Bekanntenkreis sagen, dass sie den Feldzug Russlands nicht gut finden, oder? Das ist so, als würde Frau Weidel bei Anne Will eingeladen und dürfte in Ruhe darlegen, warum Merkels Migrationspolitik und die grüne Energiewende Schnappsideen von politischen Vollpfosten sind.

Ich bin, wie Sie wissen, weil davon entfernt, Putins Russland irgendwas Positives abzugewinnen in diesen Zeiten, aber warum ist es nicht möglich, dass Staatsfunker und Mainstreammedien einfach alle relevanten Kräfte zu Wort kommen zu lassen. Ohne Denkverbote, ohne Schaum vor dem Mund bei den Fragestellern?

Ich höre Frau Wagenknecht zu und ich höre Herrn Chrupalla zu – beide vertreten eine Politik, die ich selbst für unwählbar halte. Aber ich würde sie niemals zensieren oder ihre Meinungsäußerungen verbieten wollen. Weil sich das nicht mit der Idee von Freiheit und Demokratie in Einklang bringen lässt.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.