Friedensgespräche in Genf: „Es ist nicht unser Friedensplan“ – Trumps Sondergesandter Witkof im Zwielicht

US-Gesandter Stev Witkof (l.) und Russlands Präsidnt Wladimir Putin bei einem von mindestns fünf Treffen.

GENF – Vertreter der USA, Europas und der Ukraine haben sich am Abend auf einen eigenen 28-Punkte-Plan als Basis für Friedensverhandlungen geeinigt. Vorher hatten sie in Genf stundenlang an dem Alternativvorschlag gearbeitet.

Man habe ein „sehr gutes Arbeitsergebnis erzielt, das auf den Beiträgen aller beteiligten Parteien“ basiere, sagte US-Außenministr Marco Rubio danach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Verhandlungsführer Andrij Jermak. Der Außenminister bezeichnete die Gespräche in Genf als das „produktivste und bedeutsamste“ Treffen überhaupt bisher.

Am Abend veröffentlichte die Zeitung „Telegraph“ den Wortlaut des Gegenpapiers, das es in sich hat.

Danach werde die Ukraine nicht gezwungen, zukünftig neutral zu sein und dürfe Mitglied der EU werden. Es soll keine Beschränkungen für die ukrainischen Streitkräfte geben, dafür aber von den USA und EU-Staaten „robuste, rechtlich bindende Sicherheitsgarantien“ ähnlich wie im Artikel 5 des NATO-Vertrags.

Russland und die Ukraine sollen verbindlich erklären, dass sie Meinungsverschiedenheiten zukünftig nicht mehr mit Gewalt austragen.

Ein absurder Vorschlag, hat doch Russland derartige Vereinbarungen und Zusagen immer wieder gebrochen.

Russland soll den Wiederaufbau der zerstörten Landesteile bezahlen und erst danach die eingefrorenen Vermögen zurückbekommen. Alle von Russland entführten ukrainischen Kinder – etwa 20.000 – sollen freigelassen werden, beide Länder außerdem den umfangreichen Austausch von Kriegsgefangenen einleiten.

Und so weiter…

Wenn Sie das alles lesen, wissen sie, wie weit man von einer Einigung noch entfernt ist.

Doch Stückt für Stück rückt eine andere Frage in den Mittelpunkt des Interesses

Nachdem sich US-Außenminister Marco Rubio und mehrere Senatoren in den vergangenen Tagen öffentlich widersprochen heben, wer konkret der Urheber des Papieres sei, haben internationale Medien mit eigenen Recherchen begonnen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf mehrere Beteiligte, dass vieles dafür spricht, dass der 28-Punkt-Plan Trumps tatsächlich in Moskau geschrieben wurde.

So habe sich der Putin-Vertraute Kirill Dmitriev, der unter US-Sanktionen steht, Ende Oktober mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner in Miami getroffen haben. Dort hat Dmitriev laut Reuters der US-Delegation den 28-Punkte-Plan übergeben. Die Einreise in die USA funktionierte reibungslos.

Spielt Trumps Sondergesandter Steve Witkof gegenüber der Ukraine und den europäischen Partnern ein falsches Spiel?

Auf einer Pressekonferenz während der kürzlichen Sicherheitskonferenz in Halifax (Kanada) hatten vorher zwei US-Senatoren eine Erklärung abgegeben, nach der der 28-Punkte-Plan für die Beendigung des Ukraine-Krieges kein amerikanischer Vorschlag sei. Man habe russische Vorschläge weitergereicht, diese seien dann öffentlich geworden, sagten die Senatoren Mike Rounds und Jeanne Shaheen am Samstagabend (Ortszeit).

Rounds wörtlich weiter: „Außenminister Marco Rubio hat uns heute Nachmittag telefonisch kontaktiert. Ich denke, er hat unmissverständlich klargemacht, dass wir lediglich die Empfänger eines Vorschlages sind, der einem unserer Vertreter übermittelt wurde. Es handelt sich nicht um unsere Empfehlung. Es ist nicht unser Friedensplan.“

Ist also der amerikanische Plan ein russischer Plan?

Sind die vorgelegten Bedingungen für ein Ende des Krieges – territoriale Zugeständnisse an Russland auch für Gebiete, die bisher gar nicht besetzt sind, ein Verbot für die Ukraine, der NATO beizutreten, die deutliche Reduzierung der Mannstärke der ukrainischen Armee ein Diktat aus Moskau?

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sagte vergangene Woche in einem Interview mit RTL, die Aussagen des US-Sondergesandten Steve Witkoff seien „durchaus verstörend“.

Es klänge, „als ob Putin damit Kriegsziele erreichen könnte, die er auf dem Schlachtfeld nicht erreicht hat“.

Aus mehreren U-Mitgliedsstaaten klingen die Urteile über Trumps Sondergesandten Witkof noch erboster.

Besonders der offenkundige Versuch Trumps, im Rahmen einer Einigung zur Beendigung des Krieges Profit für die USA rauszuschlagen, kommt überhaupt nicht gut an.

Auch der Vorschläge, angeblich von amerikanischer Seite, die in der EU eingefrorenen russischen Milliardenvermögen freizugeben, stoßen auf harschen Widerspruch der Europäer.

Ein ranghoher EU-Beamter in Brüssel spottete über diese Idee und erinnerte daran, dass Trump keinerlei Befugnis habe, in Europa eingefrorene Vermögen freizugeben. Ein Vertreter einer EU-Regierung griff zu derben Schimpfwörtern, ein anderer EU-Politiker wird zitiert: „Witkoff muss einen Psychiater aufsuchen.“

Bildquelle:

  • Steve_Witkof_Wladimir_Putin: president of russia

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