Früher mal rechts gewesen? Dann bist Du leider raus…und zwar für immer

Liebe Leserinnen und Leser,

Hand aufs Herz: Wer von Ihnen hat nicht in der Jugend mal über die Stränge geschlagen? Also so richtig, nicht wie Friedrich Merz mutig bekannte, Pommes gegessen und Moped gefahren zu haben, sondern etwas richtig Dummes gemacht. Also ich schon, ich war so elf oder zwölf Jahre damals, flog natürlich auf und wurde ordentlich zur Schnecke gemacht, wie das halt so ist. Natürlich erzähle ich nichts Genaueres hier, weil ich das dann irgendwo aufs Butterbrot geschmiert bekäme. Nur soviel: Es handelte sich nicht um ein Gewaltverbrechen! Ehrlich!

Hier geht es jetzt um politische Jugendsünden, und da ist immer wieder festzustellen, dass bei der Bewertung 30 Jahre später ganz unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden in unserer Gesellschaft. Wenn Sie, nur so ein zufälliges Beispiel, linker Straßenschläger in Frankfurt waren und Polizisten zusammengetreten haben, dann können Sie später zum Beispiel sogar Vizekanzler und Bundesaußenminister werden. Kein Problem, denn sie sind ja links, und damit per se auf der Sonnenseite, bei den ganz dollen Gutmenschen. Und er war jung und brauchte das Geld, würde man in anderem Zusammenhang wohl sagen. Merke: Wer früher ein Linksextremist war und sich heute anschickt, nicht nur ein bürgerliches Lebens in Ruhe zu leben, sondern politische Karriere machen zu wollen – kein Problem. Jugendsünde, naiv und sowas, aber jetzt sicher geeignet auch für höchste Ämter im Staat.

Bei den sogenannten Rechten gilt das nicht, denn sie sind – da rechts – per se böse und somit vogelfrei. Ich schreibe das bewusst so, weil es seit Jahren immer wieder zu Angriffen auf Politiker der AfD kommt, auf ihre Familien, auf ihr Eigentum. Und die Mehrheitsgesellschaft, die etablierten politischen Kräfte und Köpfe schweigen dazu. Und das halte ich – bekanntermaßen nicht mit der AfD verbandelt – für eine Schande in einem demokratischen Gemeinwesen, das so viel von Toleranz daherredet aber genau dazu unfähig ist.

Ich kenne drei, vier Männer, die vor 30 Jahren rechtsextrem waren, etwa Mitglied in der NPD oder in irgendwelchen sogenannten „Kameradschaften“. Sie sind da ausgestiegen irgendwann, führen seit Jahrzehnten ein bürgerliches Leben, gehen morgens zur Arbeit, zahlen Steuern, engagieren sich im Sportverein, haben eine Familie mit Kindern, mähen samstags den Rasen und bringen den Müll raus. Sie haben nie eine Straftat begangen, außer vielleicht falsch zu parken, aber wenn sie politisch aktiv werden wollen, durchleuchtet man sie, und wenn sie als Jugendlicher rechtsextreme Ideen hatten und von geschickten Nazi-Agitatoren für einen begrenzten Zeitraum mit krausem rechten Gedankengut in Verbindung waren, disqualifiziert sie das dann für das ganze weitere Leben.

Schauen Sie sich aktuell zum Beispiel die neue Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, an! Grün, also links und damit gut. In 2015 hatte sie in einem Tweet „Heil“ unter einen Tweet mit Hakenkreuz geschrieben. Sie könne sich gar nicht daran erinnern, sagt sie jetzt. Kann ja passieren, verstehen wir. Aber sie beharrt darauf, dass sie als Grüne ja „Antifaschistin“ sei und damit ohnehin bei den Guten. Und wörtlich: „Messt mich und kritisiert mich gern an meinen Positionen und meiner politischen Arbeit. Ich werde mich jetzt nicht zu allem erklären, was ich mal so mit 14 gedacht und gesagt habe, das verlange ich auch von niemandem“. Stellen Sie sich mal vor, ein AfD-Politiker mit Vorgeschichte würde sich mit so einem Satz für irgendeine rechte Verfehlung in der Jugend entschuldigen. Wer würde das akzeptieren bei einem Rechten? Mit denen spricht man nicht, die wählt man nicht, mit denen führt man keine Interviews. rechts, pfui, bäh…

Würde Fräulein Heinrich oder als was sie sich heute gerade fühlt, das auch so unterstützen, wenn es um einen jungen Rechten ginge, der als 14-Jähriger mal detwas Dämliches, etwas Radikales geschrieben hat? Nie im Leben, wer mal rechts war, ist raus, ein Paria, verstoßen aus der Gemeinschaft der zivilisierten Menschen. Und Fräulein Heinrich hat übrigens früher noch mehr üble Sprüche rausgehauen, die man überall im Netz finden kann, auch Rassismus gegen Weiße ist dabei. Alles Jugendsünden, habe ich gelöscht und jetzt ist alles wieder gut, oder? In vier Jahren winkt ein Bundestagsmandat, vielleicht wird sie mal Ministerin und sitzt dann neben Verstaatlichungs-Kevin am Kabinettstisch.

Und warum kann das alles passieren? Weil wir als träge bürgerliche Mehrheitsgesellschaft diese Schmierenkomödie mitmachen, weil wir die doch so sympathischen und über jeden Zweifel erhabenen Linksextremisten damit durchkommen lassen, einfach weil sie Linke sind. Und dabei sind übrigens linke Sozialisten politisch ebenso ekelhafte Typen wie rechte Sozialisten.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

P.S. Wenn Sie vielleicht wissen wollen, ob ich selbst mal…dann googlen Sie sich ruhig die Finger fund. Sie werden nichts finden, lupenrein demokratisch bis heute. Aber ich bin für Fairness.

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren

Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.