Gedanken zum Hochamt der Bundesärztekammer in Bremen

Wohin entwickelt sich unser Gesundheitssystem?

Gastbeitrag von Dr. med. WOLFGANG BENSCH

BREMEN – Wenn jetzt das jährliche Top-Ereignis der Deutschen Ärzteschaft in Bremen startet, werden wie stets große Eröffnungsreden mit mehr oder weniger verständlichen Anspielungen auf zurückliegende und kommende gesundheitspolitische Ereignisse gehalten. Was weiß der Minister, der dort zum ersten Mal als zuständiger Gesundheitsminister eine Rede halten wird?

Karl L. weiß, dass er seit einer Fehldiagnose im Jugendalter, Studium und vielen Jahren an entscheidenden Stellen in seiner traditionsreichen Partei, Gremien, Bundestag, Talkshowrunden, es letztlich dem „Glücksfall“ Pandemie mit SARS-CoV-2 verdankt, in dieses Amt gelangt zu sein. Nun kann er, an entscheidender Stelle agierend, zeigen, woran Deutschland krankt und wie man mit wissenschaftlicher Expertise beispielsweise digitale Transformation angeht.

Sein Vorgänger in den vergangenen Jahren unter Kanzlerin Merkel hatte noch vor Corona gezeigt, dass zwar monatliche Taktung der Reformgesetzgebung möglich aber ein kleines Virus weltweit gesetzlich kaum dadurch zu beeinflussen ist. Das Grimm’sche Märchen, in Bremen angesiedelt, fasziniert überall wodurch?

Seine drei wesentlichen Elemente:

Mut, Zusammenhalt und Aufbruch aus einer scheinbar hoffnungslosen Lage.

Über letzteres brauchen wir nicht gross sinnieren, diese Lage besteht schon länger! Nehmen wir uns also die beiden anderen vor.

Ist von der Bundesärztekammer – einem nichteingetragenem Verein – Mut zu erwarten?

Das wäre eine sensationelle Überraschung, seit man von Köln in die Hauptstadt umgezogen ist, eher eine Art von Premiere. Somit bleibt noch der Zusammenhalt als entscheidender Faktor.

Dieser war in der Anfangsphase der Kanzlerin im sogenannten «Ärzteprotestjahr 2006» vorhanden. Zur Bundestagswahl 2009 setzten sich bedeutende Teile der Ärzteschaft für die FDP ein, was sich in deren bestem Wahlergebnis aller Zeiten wiederspiegelte. Allerdings fand sich die FDP nach der nächsten Wahl 2013 nicht mehr im Parlament vertreten. Philip Rösler konnte zwar humoristisch mit einer Kanzlerin-Persiflage im Karneval punkten … aber er wechselte das Ressort sehr schnell, ihm folgte Daniel Bahr und dann das «Aus» der FDP für eine Legislaturperiode.

Die Grosskoalitionäre im dritten und vierten Kabinett Merkel besetzten nun seitens CDU das heikle Ministerium, das zunächst unter Hermann Gröhe wenig von sich reden machte, später mit Jens Spahn und Corona nur noch durch Geständnisse vor Ostern by Angela getoppt werden konnte.

Wer hält nun zu wem, was ist speziell mit Lauterbach?

Unter Vorgänger Jens Spahn waren Verbindungen zu «young digitals» gern gesehen, generell war man stolz auf eine internationale Führungsrolle in der Implementierung von DIGA`s (Digitale Gesundheitsanwendungen) im Leistungskatalog der GKV, finanzielle Sanktionen für zurückhaltende Internetanbindung der Kassenärzteschaft (Konnektoren zur IT in den Praxen und sonstigen Einrichtungen) wurden rigoros gesetzlich verankert und von der bewährten Selbstverwaltung widerspruchslos durchgesetzt.

Karl Lauterbach hatte bereits während der Pandemie stets Wert auf seine genuine ärztliche Einstellung gelegt, und damit wurden zuvor administrativ vereinbarte Termine wohl leichter zur Disposition gestellt, und somit geriet das Ministerium zwischen die Frontlinien verschiedener Lager. Entsprechend zahlreich entwickelten sich widersprüchliche Verlautbarungen der Interessenvertreter bis hin zu Aktienkursen an den Börsen, wo auf ein Massenphänomen am Gesundheitsmarkt gesetzt wird.

Worüber wird man sich ab heute nun in Bremen beim jährlichen Hochamt der Bundesärztekammer die Köpfe zerbrechen und massenhaft Anträge zur Abstimmung an das «Parlament der
Ärzte» stellen? Was wird die Medien erreichen, welche Titelzeilen werden wir lesen?

Unwahrscheinlich, dass die «Bürgerversicherung» eine Rolle spielen wird, die von Lauterbach vor Jahren als wichtigste Grundlage einer gerechten Gesundheitspolitik vehement propagiert wurde. Diskussionen über Grundsätze wie Sachleistungs-, Kollektiv- oder Selektivvertragssystem, Sicherstellungsauftrag auf wessen Seite, weshalb und warum.… das wird höchstens einmal als Randbemerkung auftauchen. Wahrscheinlicher ist, dass akademisch, berufspolitische Profilierung angesagt ist. Der amtierende BÄK-Präsident dürfte sich dort heimischer als bei Markus Lanz in der Talkshow fühlen.

Da ist der Gesundheitsminister doch wesentlich bekannter und sein Unterhaltungswert seit Jahrzehnten eine verlässliche Konstante.

Bildquelle:

  • Arzt_Politiker: pixabay

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