BAKU/MOSKAU/BERLIN – Es soll irgendwie ganz privat gewesen sein, aber dann doch auch wieder nicht. Um die Zukunft des sogenannten „Petersberger Dialog“ sei es bei dem Treffen Mitte April im Luxushotel „Four Seasons“ in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku irgendwie auch gegangen, ließ Martin Hoffmann auf Journalisten-Anfrage dann doch wissen.
Er selbst war viel Jahre Geschäftsführer des „Petersburger Dialogs“, den Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Duz-Freund, Ex-Bundeskanzler und dann Angestellter Gerhard Schröder im Jahr 2001 gründeten, um die deutsch-russischen Beziehungen so richtig in Schwung zu bringen.
Nachdem Putin den Befehl zum Angriff erteilt hatte und seine Panzer in die Ukraine rollten, kündigte die deutsche Seite den „Petersburger Dialog“ offiziell auf, weil man erkannt hatte, dass es nicht gut ist, mit Verbrecherregimen Geschäfte zu machen.
Aber unter der Decke blieb weiterhin viel in Bewegung
Mindestens dreimal haben seither solche Geheimtreffen unter konspirativen Umständen stattgefunden, zuletzt im Oktober 2024, als auch der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet eingeladen war. Er war klug genug, um nicht hinzufahren. Anders als die Teilnehmer der lauschigen Runde im April: Denn neben dem prominenten SPD-Politiker Ralf Stegner, der in den vergangenen vier Jahren Mitglied im supergeheimen Kontrollgremium für die drei deutschen Nachrichtendienste saß und Geheimnisträger ist, waren dieses Mal auch Ronald Pofalla, ehemaliger Chef des Bundeskanzleramts und Leiter des „Petersburger Dialogs“, Matthias Platzeck, früher brandenburgischer Ministerpräsident und SPD-Bundesvorsitzender und Stephan Holthoff-Pförtner, NRW-Europaminister unter Armin Laschet in NRW, mit von der Partie.
Laut der „Zeit“, die frühzeitig Wind von dem Treffen bekommen hatte, habe Hoffmann auf Anfrage „im Namen auch anderer Angeschriebener“ wissen lassen, dass „die angesprochene Begegnung einen privaten Charakter“ gehabt habe.
Schon interessant, mit wem man sich wichtige deutsche Politiker in Zeiten des Krieges und der Sanktionen privat so treffen.
Mit Thomas Greminger zum Beispiel, einem Schweizer Diplomaten, der OSZE-Generalsekretär war und heute das auch vom Schweizer Staat finanzierte Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik leitet. Und mit Putin-Vertrauten wie Viktor Subkow, ehemaliger Ministerpräsident Russlands und seit 2008 Aufsichtsratsvorsitzender des Staatskonzerns Gazprom. Auch Subkow hatte früher für die russische Seite den „Petersburger Dialog“ einige Zeit geleitet. Ihn begleitete Waleri Fadejew, Chef von Putins „Menschenrechtsrat“, nach Baku, der auf der aktuellen EU-Sanktionsliste steht.
„Fadejew ist ganz klar ein Hardliner“, sagt Sabine Fischer, Russland-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegenüber der „Zeit“. Und weiter: „Man sendet das Signal, dass es auf der deutschen Seite trotz des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiterhin Akteure gibt, die das Verhältnis zu Russland normalisieren wollen.“ Den Russen gehe es mit solchen Treffen vor allem darum, Einflusskanäle auf die deutsche Politik zu öffnen.
Ganz offenkundig waren alle Teilnehmer des Treffens bemüht, die Existenz dieser Veranstaltung und ihre eigene Teilnahme zu verschleiern. Und obwohl auf deutscher Seite Politiker der beiden aktuellen Regierungsparteien CDU und SPD dabei waren, ist zu bezweifeln, dass sie die alte und neue Bundesregierung vorher informiert oder hinterher wenigstens ihre Erkenntnisse dem Bundenachrichtendienst (BND) erzählt haben.
Da läuft eine Neben-Außenpolitik, die das Geschäft Putins ungerührt weiter betreibt, während russische Raketen und Drohnen in Schwärmen auf die Ukraine niedergehen, während Putin eine dreitägige Waffenruhe ausgerufen hat, an die er und seine Truppen sich nicht eine Sekunde gehalten haben.
Man darf gespannt sein, wie die Bundesregierung darauf reagiert oder ob überhaupt. Und ob Ralf Stegner von der SPD auch jetzt wieder in den Ausschuss des Bundestages zur Kontrolle der Geheimdienste berufen wird.
Bildquelle:
- Hotel_Four_Seasons_Baku: pr four seasons group