von THILO SCHNEIDER
BERLIN – Sie sind eine Pest auf den Autobahnen rund um die Großstädte: Die wirren Kleber der „Letzen Generation“, von der ich persönlich der Meinung bin, es wäre gut, wenn sie es wären. Einzelne haben sich ja auch schon aus Angst vor dem „Klimatod“ sterilisieren lassen, was ich begrüßenswert und konsequent finde.
Aber: Sind sie eine „kriminelle Vereinigung“?
Von juristischen Kenntnissen völlig unbeleckt würde ich aus dem Bauch heraus sagen: Nein. Es ist ein Club von Verwirrten, Lebensversagern, Pfeifen und Unterbeschäftigten – aber es sind keine Kriminellen. Die verabreden sich ja nicht, um Straftaten zu begehen, sieht man jetzt eventuell vom „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ ab, sondern weil sie, wie wir hier sagen, „Schiss haben“.
Davor, dass sie morgens in einer Flutwelle oder Gluthölle aufwachen. Das Fußvolk, das sich von Autofahrern beschimpfen, prügeln und verachten lassen muss, damit oben die Spenden ´reinfallen, ist kein Fall für den Staatsanwalt, sondern eher für einen ausgebildeten Psychologen. Tatsächlich stimmt noch am Ehesten der Vergleich mit einer Sekte: Oben Gurus und Vorturner, die die Welt retten und erlösen wollen, unten die Gläubigen, die sich dafür in Sippenhaft nehmen lassen, unzugänglich jeder Argumentation und bereit, für die Erlösung schlimmste Strafen auf sich zu nehmen.
Das ist die eine Seite
Die andere Seite ist, durch die diversen Aktionen ins mediale Rampenlicht zu gelangen. Welcher öffentlich-redliche Sender ist nicht völlig begeistert davon, eine sackstramme „Klimaaktivistin“ in die Talkshow zu bekommen, die dann weinerlich gegen angemessenes Honorar von ihren üblen Erfahrungen auf der A1, der Polizeigewalt und der anschließenden Sicherungsverwahrung berichtet? Inklusive Streicheleinheiten von grünen Politikern, die ja gerne auch dabei wären und alles anders machen würden, wenn sie eine unbarmherzige FDP nur ließe…
So haben im Grunde alle was davon: Die „Aktivisten“ bekommen Ruhm, Aufmerksamkeit und Spenden, die Medienanstalten Quoten und Zuschauer und die Grünen die Aufmerksamkeit, die ihnen ihrer Meinung nach zusteht. Und vielleicht ein paar Wählerstimmen, im Moment haben sie sie bitter nötig.
Das eigentliche Problem im Ringen um die Weltrettung ist die Konkurrenz: Fridays for future, Extinction Rebellion, die Letzte Generation, Greenpeace… Sie alle wetteifern auf dem Markt der Klimarettung um Spenden. Und die gibt es nun einmal nur bei medialer Aufmerksamkeit.
Im Moment sehen wir so eine Art Arbeitsteilung: Greenpeace macht die echt krassen Sachen, wie mit dem Gleitflieger ins Fußballstadion stürzen oder auf Kräne klettern, FFF demonstriert mit Kindern und schwänzt den Unterricht, Extinction Rebellion ist für lebensgefährliche Unternehmungen wie U-Bahn-Riding zuständig und, nunja, die Letzte Generation geht der arbeitenden Bevölkerung auf den Schweif und nimmt für ihren Shice Infrastruktur, Kunst und Gebäude in Geiselhaft.
Daraus ergibt sich eine gewisse Sympathiereihenfolge: FFF gilt mehr so als Teddy unter den „Klimaschützern“ mit hohem Niedlichkeitsfaktor durch Neubauer und Thunberg, Greenpeace als professionelle Organisation, die sich mit Großkonzernen anlegt und da wirklich zur Sache geht, die „letzte Generation“ gilt als hyperventilierender Nervbolzen aus Typen, die weder Mann noch Frau abkriegen, von Extinction Rebellion hat man den Eindruck, sie würden auch locker über die eigenen und fremde Leichen gehen, um ihre Ziele zu erreichen. Er ist hart umkämpft, der Spendenmarkt.
Sind das aber „kriminelle Vereinigungen“?
Eher nicht. Es sind schlicht Geschäftsmodelle, die auf der Dummheit und Ängstlichkeit ihrer Mitglieder und Förderer basieren. Und als gelernter Verkäufer weiß ich gute Verkaufsstrategien zu schätzen! Wir erleben tatsächlich die moderne Form des Ablasshandels pseudoreligiöser Kultisten durch Spenden und den Erwerb von CO2-Zertifikaten.
Ich bin der Überzeugung, auch die Gerichte, die sich jetzt mit den Anklagen auseinandersetzen müssen, werden letztlich zu keinem anderen Ergebnis kommen. Schlimmstenfalls heiligt hier der (gute) Zweck die Mittel und eine Carte blanche hat die Letzte Generation ja auch schon vom erstaunlich regierungsgeschmeidigen Verfassungsschutzchef Haldewang erhalten, der die Sitzblockaden sinngemäß „als Zeichen und Beitrag zur Demokratie“ weg-sieht.
Wer immer auch die Durchsuchungen der Geschäfts- und Privaträume der Letzte Generation veranlasst hat: Es scheint mir doch sehr mit Kanonen auf Dreckspatzen geschossen, wenn morgens um sieben Uhr schwerbewaffnete Polizeieinheiten die Türen zu den Wohnklos aufbrechen und nach Sekundenklebern suchen und Notebooks kassieren. Vielleicht soll das aber auch nur ein Warnschuss sein – frei nach dem Motto: „Wir kriegen jeden, wenn wir wollen!“ Bestrafe einen, erziehe Tausende. Kritik an der Regierung ist generell unerwünscht.
Weitere unkritische Artikel des Autors auch unter www.politticker.de
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.
Bildquelle:
- Polizei: dpa