KIEW – Nach dem Aufdecken einer großen Korruptionsaffäre in der Ukraine, die für erste Beteiligte inzwischen zu Untersuchungshaft geführt hat, kündigte die ukrainische Regierungschefin Julia Swyrydenko weiteres entschiedenes Vorgehen der Behörden an. So würden zeitnah im Energie- und Rüstungssektor des Landes alle größeren Staatskonzerne „besonders scharf kontrolliert“.
Der Fokus werde dabei auf Transparenz bei staatlichen Einkäufen durch den Öl- und Gaskonzern Naftogas und die ukrainische Eisenbahn gelegt. Swyrydenko teilte auf Telegram ferner mit, dass wegen des Skandals auch die Ausschreibung für den Chefposten des Gasleitungssystems in der Ukraine ausgesetzt werde. Der Ausschreibungsstopp hänge damit zusammen, dass eine der aussichtsreichsten Bewerberinnen in den Ermittlungen der Korruptionsbehörden erwähnt werde. „Unter diesen Bedingungen ist die Fortsetzung der Ausschreibungsprozedur nicht mit den Prinzipien der Transparenz, Rechtschaffenheit und des Vertrauens in den Prozess zu vereinbaren“, schrieb die Regierungschefin.
Das konsequente Vorgehen des notorisch unter Korruptionsverdacht stehenden Staats Ukraine sorgt für viel Anerkennung aus den EU-Mitgliedsländern, zu denen die Ukraine zukünftig gern gehören möchte.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat auf, weiter energisch gegen Korruption vorzugehen und Reformen bei der Rechtsstaatlichkeit voranzutreiben. Selenskyj habe das zugesagt, teilte der Regierungssprecher in Berlin nach dem Gespräch mit.
Selenskyj handelte direkt danach, indem er Sanktionen gegen den Geschäftsmann Timur Minditsch verhängte, der zuvor sein enger Vertrauter war. Minditsch steht im Zentrum des Korruptionsskandals in der Ukraine. Die Staatsanwalt wirft dem Mann „Kontrolle über die Anhäufung, Verteilung und Legalisierung von Geldern aus, die durch kriminelle Handlungen im Energiesektor der Ukraine erlangt wurden“. So seien umgerechnet 86 Millionen Euro „umgeleitet“ worden.
Wie aus einem Dekret von Selenskyj hervorgeht, sollen unter anderem die Vermögen des 46-Jährigen sowie einer weiteren Person eingefroren werden. Die Anfang der Woche bekannt gewordenen Vorwürfe konzentrieren sich auf Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit Verträgen unter mutmaßlicher Beteiligung des staatlichen Energiebetreibers Energoatom. Zwei Minister gaben inzwischen ihre Ämter auf.
Und ein weiteres interessantes Detail wurde bekannt
Danach gibt es in der Korruptionsaffäre um den staatlichen ukrainischen Energiebetreiber Energoatom eine Spur auch nach Russland.
Die Zeitung „Kyiv Independent“ berichtet aktuell über die Rolle eines russischen Beamten, über den erhebliche Gelder aus der Ukraine nach Russland transferiert worden seien. Das Blatt beruft sich dabei auf Audioaufnahmen, die vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) veröffentlicht wurden. Im Rahmen des Korruptionskomplotts sollen demnach Schmiergelder von Energoatom über ein Hinterzimmer in der Innenstadt von Kiew gewaschen worden sein, das Verwandten von Andrij Derkach gehörte.
Derkach war einst Leiter von Energoatom und dann ukrainischer Abgeordneter. Inzwischen werden ihm in Kiew Korruption und Hochverrat vorgeworfen, er selbst setzte sich rechtzeitig nach Russland ab. Die USA sanktionieren Derkach und beschuldigen ihn, ein „russischer Agent“ zu sein. Den Aufzeichnungen zufolge sollen die Verdächtigen mindestens zwei Millionen Dollar nach Moskau überwiesen haben.
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- Zentrale_Energoatom_UKR: energoatom
