von MARTIN D. WIND
BERLIN – Was für eine erheiternde Entdeckung: „Kochen ohne Strom“, so heißt ein Buch im Bassermann-Verlag erschienen und dessen Inhalt durch einen bundesweiten Rezeptwettbewerb bestimmt sein wird. Verantwortlich für diese hilfreiche Handreichung einer Bundesinstitution ist „Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ (BBK).
Es hat im Frühjahr 2020 gemeinsam mit Organisationen, die im Katastrophenfall den Menschen beistehen, das Projekt „Notfallkochbuch“ aus der Taufe gehoben. Rotes Kreuz, Feuerwehr, Malteser, Johanniter, Arbeiter Samariter Bund, die Wasserretter von der DLRG und selbstverständlich die „Pioniere“ unter den Helfern, das Technische Hilfswerk, waren an diesem Projekt beteiligt. Doch was ist denn nun an diesem Projekt so erheiternd? Gute Tipps kann doch jeder immer gebrauchen?
Es ist der Zeitpunkt und es sind die Umstände, die das Erscheinen dieses Buches begleiten. Man mag kaum glauben, dass in einem hochindustrialisierten und technisierten Land wie Deutschland im Jahr 2021 sich wieder jemand Gedanken darüber machen muss, wie man ohne Strom kochen könnte. Erschreckenderweise scheinen wir heute aber einem flächendeckenden Stromausfall näher zu sein, als in längst vergangenen Zeiten. Wie konnte es so weit kommen? Es ist der Dienstgeber des BBK, der da so ganz nebenbei die Bevölkerung für einen Notfall vorbereitet sehen will, den er selbst durch sein Agieren herbeigeführt hat. Es ist die Bundesregierung, die eine stabile Stromversorgung der Bundesrepublik Deutschland durch die sogenannte Energiewende massiv gefährdet.
So richtig wahrhaben oder auch dafür einstehen wollen die Damen und Herren in der Politik für dieses Versagen offenbar nicht. Und so schickt man die „niederen Chargen“ vor, um ein Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, das den rapiden Verfall unserer Infrastruktur und die Zerstörung eines höheren Grades an Versorgungssicherheit durch politische Fehlentscheidungen kaschieren und mildern soll. Kurz: Die Menschen sollen nicht erst durch das Eintreten der Katastrophe verstehen, wie schlecht es inzwischen um die Industrienation und um die Versorgungssicherheit dieses „Erste-Welt-Landes“ bestellt ist. Wir sollen offenbar langsam „entwöhnt“ werden.
Dieses Buch, in dem 50 Rezepte nach den Kriterien Kreativität, Machbarkeit und – darunter geht heutzutage nichts mehr – Nachhaltigkeit zusammengetragen wurden, ist so ein „leiser“ Hinweis auf das, was um uns herum gerade geschieht. Jeder kennt die Fährnisse, die durchaus mal dazu führen können, dass der Strom wegbleibt: Störung im E-Werk, Bagger kappt Leitung, Umweltereignisse wie Stürme oder Hochwasser – alles Umstände, die bisher recht gut zu managen waren. Jetzt hat sich aber etwas radikal geändert: Deutschland steigt aus der Atomkraft und aus Kohlekraftwerken aus und wird jetzt nachhaltig und grün: Die Bundesregierung baut auf „regenerative“ Energien wie Windkraft und Fotovoltaik. Deren Leistungskapazitäten sind natürlich begrenzt: Weht kein Wind, drehen sich die Energiewindräder nicht. Scheint keine Sonne kann auch der teuerste Sonnenkollektor keinen Strom liefern.
Folge dieser Politik: Im Juni vergangenen Jahres war so wenig Strom verfügbar, dass man seitens der Netzbetreiber besorgt von einer „sehr angespannten Lage“ sprach. Glimpflich lief das für Deutschland nur ab, weil die europäischen Nachbarn aus der Klemme halfen – unter anderem mit verlässlich geliefertem Atomstrom. Das Problem ist demnach hausgemacht. Derweil doktert man offensichtlich lieber mit einem Kochbuch an den Symptomen herum, anstatt die Fehler der Vergangenheit zu beheben und zu einer vernünftigen Stromerzeugung zurückzukehren. Aber immerhin: Für das Projekt „Kochen ohne Strom“ konnte in der einjährigen Einsendezeit doch mehrere hundert Bundesbürger erreicht und zur Rezeptabgabe animiert werden. Diesen Erfolg feiert das BBK gebührend und verweist dann auch gleich im Internet auf „Beispielrezepte“.
Da findet man dann einen „Pfannkuchen ohne Ei“, dessen Teigvorbereitung detailliert beschreiben wird. Und dann heißt es: „In einer Pfanne etwas Öl oder Margarine heiß werden lassen, einen Schöpfer Teig in die Pfanne geben. Den Teig verrinnen lassen und beidseitig goldbraun backen.“ Da darf man als des Kochens kundiger Mensch schon mal die Augenbrauen hochziehen, die Stirn runzeln und sich leise die Frage stellen: „Wie wird denn die Pfanne heiß?“ Erstaunliches fällt auch bei einem weiteren Rezept auf. In der Punkt-für-Punktanleitung für „Cashew-Dattel-Creme“ kann man unter 4. lesen: „Alle Zutaten im(sic!) fein pürieren.“ Ja worin soll man denn pürieren? Es genügt nicht, einfach nur den Begriff „Mixer“ zu entfernen und schon ersteht die Illusion des „Kochens ohne Strom“. Da muss dann schon mal aufgezeigt werden, welche Alternativen man sich zulegen muss, um gerüstet zu sein.
Mag sein, dass sich in den Tiefen des Buches solcherlei Hinweise finden werden. Es bleibt zu befürchten, dass die Tipps und Tricks, die da zusammengetragen wurden und in einem harmlos erscheinenden Büchlein veröffentlich werden, den Herausforderungen eines echten Blackouts mit monatelangen Folgen für die Infrastruktur, nicht gerecht werden. Verständige Menschen können mit einer solchen Katastrophenhandbuch-Simulation nicht viel anfangen, denn sie wissen, dass die Realität weit schwerwiegendere Herausforderungen bereithalten wird, so die Politik nicht umsteuert. Solche Beruhigungspillen sind da nicht hilfreich.
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- Feuerstelle: pixabay