Nevada, Shanghai, Grünheide: Wie Öko-Aktivisten und das ZDF 12.000 neue Arbeitsplätze in Brandenburg miesmachen

von KLAUS KELLE

POTDAM/GRÜNHEIDE – Brandenburg, da ist sich Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sicher, wird mit der Ansiedlung des US-Elektroautobauers Tesla für Unternehmen zunehmend interessanter werden. Steinbach wörtlich: „Jetzt haben uns auch Unternehmen auf dem Radar, die Brandenburg vorher nicht auf ihrer Landkarte hatten.“

Also nahezu alle. Und das ist sehr vorsichtig ausgedrückt. Die Tesla-Ansiedlung in Brandenburg – das ist so wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag auf einen Tag für ein Bundesland, das – bei allem Respekt – nicht gerade zu den Magneten der HighTech-Industrie auf diesem Planeten zählt. Und jetzt auch noch die Corona-Krise, die die heimische Wirtschaft nach Expertenmeinung um bis zu zehn weitere Prozente schrumpfen lassen wird. Ganz genau kann man das nicht behaupten, weil der Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg jetzt immer zusammen betrachtet werden muss.

Die Gemeinde Grünheide ist bekannt für ihre Wälder und Seen. 8.500 Menschen leben hier, und ein Denkmal zu Ehren der sowjetischen Soldaten erinnert an alte, noch schlechtere Zeiten, die jedoch bis heute DDR-Nostalgiker anlocken. 2019 schrieb die Süddeutsche Zeitung einen wirklich launigen Text über das Vorhaben von Tesla-Chef Elon Musk, der in dem Satz gipfelte:

„Auf dem kleinen Marktplatz vor dem Rathaus gibt es immerhin schon mal eine Elektrozapfsäule.“

Was Tesla in der Einöde der brandenburgischen Tiefebene vorhat, das ist gigantisch. Allein die Vorstellung, dass ein zukunftsträchtiger Megakonzern aus den Vereinigten Staaten seine dritte „Gigafactory“ nach Nevada und Shanghai in Grünheide, also im nördlichen Teil des Landkreises Oder-Spree errichtet, ist schon kaum zu fassen.

Ab Sommer sollen 12.000 vorwiegend gut bezahlte Jobs hier entstehen, 500.000 E-Autos pro Jahr an diesem Standort produziert werden. Nach seriösen Schätzungen wird das amerikanische Unternehmen 5,8 Milliarden Euro investieren. In Grünheide. In Brandenburg. Elon Musk soll mal hier einen Rundflug mit einer alten Antonov riskiert haben, sozusagen DDR-Hightech zum Vergleichen.

12.000 Mitarbeiter – damit wollen sie anfangen, später – wenn alles läuft – sollen hier 40.000 Arbeitnehmer beschäftigt werden. 40.000! In Grünheide! In Brandenburg! Das Einstiegsgehalt in der niedrigsten Lohngruppe beträgt  2700 Euro brutto. Selbst für Arbeitslose ohne Ausbildung. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung soll das Monatsgehalt bei 3500 Euro brutto liegen. Nicht viel, wenn man in Ingolstadt bei Audi arbeitet, aber deutlich mehr als die Durchschnittlöhne in dieser Region.

Und was denken Sie passiert? Anstatt, dass die Gemeinde Grünheide den Platz vor dem Rathaus zum Elon-Musk-Platz benennt, anstatt dass die Gemeinde jeden Tag frische Blumen per FedEx zum Büro von Musk nach Palo Alto in die Firmenzentrale fliegen lässt, wird gejammert und gejammert und gejammert. Das ZDF-Agitprop-Magazin“Frontal 21″ hat diese Woche mit einem umfassenden Fernsehbeitrag zusammengestellt, was alles schlimm ist. Und ja, was soll ich sagen: eigentlich alles.

Der Zeitplan sei in Gefahr, der Bau der zentralen Abwasserleitung habe noch nicht begonnen, beklagen die ZDF-Propagandisten, aber es gibt auch noch Umweltverbände, die meckern.

Der US-Konzern müsse da noch viel mehr tun, heißt es. Für den Bau des Werkes würden Bäume gerodet, so klagen sie. Ja, und, dann werden sie eben gerodet?

NABU und Grüne Liga zogen vor Gericht, weil – allen Ernstes – der Schutz der geschützten Zauneidechse und Schlingnatter nicht hinreichend berücksichtigt würde. So ähnlich wie vor 15 Jahren in Nordrhein-Westfalen, als der Bau von drei hochmodernen Kohlekraftwerken sechs Monate lang gestoppt wurde – damals auch eine Milliardeninvestition – weil die grüne Umweltministerin ein Gutachten über eventuell vorhandene Feldhamster-Populationen erstellen lassen wollte. So geschah es, die Baustellen ruhten. Dann kam das Ergebnis, nach dem da gar keine nennenswerten Feldhamster-Populationen vorhanden waren. Für die Öko-Aktivisten damals der Beweis, wie weit die Ausrottung der Feldhamster schon fortgeschritten sei.

Aber das sei noch nicht alles. Die 12.000 bis 40.000 Arbeitsplätze würden ja nicht nur mit Brandenburgern besetzt, sondern das Unternehmen werbe auch um Fachkräfte im nahegelegenen Polen. Ja, und? Ich denke, Europa wächst zusammen. Warum sollen nicht auch ein paar Hundert polnische Facharbeiter in Grünheide arbeiten? Was ist das überhaupt für eine Denke?

Und dann gebe es auch Subventionen für Tesla, kommen andere Reichsbedenkenträger um die Ecke. Ja, und? Jedes mittelständischen Unternehmen, was sich mit 30 Mitarbeitern irgendwo niederlässt, fragt die Kommune nach Hilfestellung, Anbindung, Kohle. Das nennt man Marktwirtschaft! Und das blödeste, das ich in dem Zusammenhang überhaupt aus Brandenburg zum Thema Tesla gehört habe, war die Kritik, dass ausgerechnet ein Ami-Konzern sich da ansiedele. Muss das denn sein, wo man uns ’45 doch bekanntermaßen alle Konstruktionspläne in Peenemünde geklaut hat. Wahrscheinlich auch die für die E-Autos.

Aber gut, muss ja nicht sein, jammert rum, legt so viele Steine wie möglich auf den Weg, und vergesst auf keinen Fall einen Mantetarifvertrag zu verinbaren und einen Betriebsrat zu gründen. Das ist neben den Zauneidechsen das wichtigste. Und wer weiß, vielleicht kommt ja doch noch ein Investor auf dem Senegal oder Burkina Faso und investiert sechs Milliarden in Grünheide in Brandenburg.

 

 

Bildquelle:

  • Tesla_Gigafactory_Shanghai: tesla

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.