von FABIENE MAURICE
WARSCHAU – Wenn man in diesen Tagen durch Polen reist, spürt man eine andere Luft. Nicht nur wegen der weiten Wälder im Osten oder der salzigen Brise an der Ostsee. Sondern weil es hier noch ein Land gibt, das sich nicht schämt, christlich zu sein. Das seine Nation liebt. Und das entschlossen ist, sich gegen jene Kräfte zu wehren, die es – kulturell, moralisch oder politisch – umerziehen wollen.
In deutschen Medien taucht Polen meist nur auf, wenn es mahnt, protestiert oder blockiert. Man spricht von „Rechtsruck“, von „Homophobie“, von „Nationalismus“ – doch selten fragt jemand, warum das Land so denkt und fühlt, wie es denkt und fühlt. Wer in der polnischen Provinz mit einfachen Menschen spricht, hört Sätze wie: „Wir haben den Kommunismus überstanden. Wir werden auch das Chaos der Gegenwart überleben.“
Der Glaube als Rückgrat
Dabei ist die katholische Identität Polens keine Kulisse. Sie ist gelebte Realität. In den Kirchen sitzen nicht nur alte Frauen, sondern junge Familien. Der Name Johannes Paul II. ist hier keine bloße Erinnerung, sondern Maßstab. In Städten wie Krakau oder Częstochowa spürt man, was Heimat bedeutet, wenn sie von Glaube, Geschichte und gemeinsamer Hoffnung getragen wird.
Natürlich ist auch Polen im Umbruch. Abtreibungsdebatten, Gender-Aktivisten und die Versuchungen des Konsums nagen an den Grundfesten. Auch der Familien. Aber die Abwehrreflexe sind stärker als anderswo. Denn Polen hat etwas, das viele westliche Gesellschaften längst verloren haben: die Fähigkeit zur Unterscheidung der Geister.
Brüssel sieht in Polen ein Problem
Die europäische Debatte über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Polen ist, böse gesagt, ein Lehrstück in postkolonialer Bevormundung. Wenn polnische Politiker den Einfluss Brüssels zurückdrängen wollen, heißt es sofort: Demokratieabbau! Wenn ein nationalkonservativer Präsident entscheidet, keine LGBTQ-Ideologie in Schulen zu dulden, ruft die EU: Werteverstoß!
Dabei ist Polen nicht anti-europäisch – es ist anti-dogmatisch. Es stellt die richtigen Fragen: Wer entscheidet über das Gemeinwohl? Wer schützt Kinder und Familie? Wer bestimmt über Souveränität? Und wer bestimmt, was Europa sein soll?
Was Polen verteidigt, ist eben kein gestriger Traditionalismus, sondern ein anderes Modell von Moderne: christlich fundiert, werteorientiert, identitätsbewusst. Man muss es nur wollen – und bereit sein, sich dafür zu engagieren.
Bürgerwehren im Westen – und militärischer Schutz im Osten
Ein besonders klares Zeichen dieser Haltung zeigt sich derzeit an Polens Grenzen. Im Osten, entlang der belarussischen und ukrainischen Linie, ist die Lage hochsensibel – dort schützt das polnische Militär die Außengrenze der EU gegen illegale Migration und hybride Bedrohungen. Die Erfahrungen aus dem belarussischen „Migrationskrieg“ 2021 haben das Sicherheitsbewusstsein der Bevölkerung geschärft. Ganz egal übrigens, wen sie wählen.
Im Westen hingegen, an der Grenze zu Deutschland, formieren sich zunehmend zivile Bürgerwehren. Ihr Ziel: die Rückführung illegaler Migranten aus Deutschland nach Polen zu verhindern. Viele Polen sehen es nicht ein, dass Menschen, die über andere EU-Staaten nach Deutschland gelangt sind, dann ausgerechnet zurück nach Polen gebracht werden sollen. Hier wird kein Hass sichtbar, sondern ein Widerstand aus gesundem Menschenverstand – getragen von Männern, die Verantwortung übernehmen. Männer, die nicht reden, sondern handeln, wenn es um den Schutz ihrer Kinder und Frauen geht. Archaische Tugenden?
Was in deutschen Medien vorschnell als „rechtsradikal“ abgestempelt wird, ist in Polen Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft, die sich nicht von außen fremdbestimmen lassen will. Die Mehrheit der Polen weiß: Wer seine Grenzen nicht schützt, verliert am Ende seine Freiheit. Und wer seine Identität nicht verteidigt, geht irgendwann im eigenen Land verloren.
Ein letzter kultureller Resonanzraum
Polen ist nicht perfekt. Es kämpft mit Korruption, wirtschaftlicher Ungleichheit und politischen Grabenkämpfen – nicht zuletzt zwischen Tusk und Kaczyński, den beiden alten Alpha-Rivalen. Aber jenseits der tagespolitischen Kulisse bewahrt es etwas, das Europa dringend braucht: eine gelebte Rückbindung an christliche Ethik, an nationale Würde, an kulturelle Tiefe.
Wer mit jungen Polen spricht, erlebt nicht nur Zynismus oder Desinteresse, sondern auch eine neue Generation, die fragt: Was heißt Verantwortung? Wofür lohnt es sich zu leben? Und zu glauben?
Polen mag für Brüssel ein Stachel sein – aber es ist für Europa auch eine Hoffnung. Vielleicht die letzte. Denn wo der Westen nur noch von Vielfalt und Selbstverwirklichung spricht, redet Polen von Wahrheit und Kampfbereitschaft. Diese schließt natürlich auch die Bedrohung durch den russischen Schurkenstaat ein. Naiv-pazifistisches Einknicken gilt nicht.
Bildquelle:
- Altstadt_Warschau: pixabay