Prozess gegen den Mann, der Russland Hochtechnologie für Spionage und Sabotage in den Weltmeeren geliefert haben soll

Windpark auf dem offenen Meer.

FRANKFURT/M. – Vor dem Landgericht Frankfurt/M. muss sich seit dieser Woche ein 55-jähriger Geschäftsmann aus Nürnberg verantworten. Die Firmen des Mannes, der sowohl die russische als auch die kirgisische Staatsbürgerschaft hat, sollen Russland über mehrere Jahre hochmoderne Technologie für Spionageaktivitäten in den Weltmeeren geliefert haben. Dabei ging es um ein globales Netzwerk aus Unterwassermikrofonen und Sonaren, die insbesondere U-Boote anderer Länder aufspüren können.

In das Firmengeflecht von S. gehören eine Firma auf Zypern und mehrere Unternehmen in Moskau, die nach Erkenntnissen deutscher Fahnder vom russischen Geheimdienst FSB geführt wurden.

In der Anklageschrift wird Alexander S. als Geschäftsführer zweier Handelsunternehmen in Deutschland beschrieben, der in ein Netzwerk eingebunden war, um maritime und militärisch nutzbare Güter in Europa zu beschaffen und auf verschleierten Pfaden über die Türkei an Russland geliefert zu haben. In Vernehmungen habe der Angeklagte beteuert, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass die Waren für Russland bestimmt waren.

Wie so oft bei solchen Fällen handelten es sich die Waren um sogenannte „Dual-Use-Güter“, also Technologien, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Diese unterliegen besonderen Beschränkungen und Ausfuhrkontrollen. Die Ermittler können belegen, dass S. und sein Netzwerk unter anderem ein akustisches Positionierungssystem und mehrere dazugehörige Transponder – „Mini Beacons“ – in Norwegen beschafft haben. Mit solchen Systemen können Unterwasserdrohnen in einer Tiefseeumgebung hochpräzise manövriert werden. Auch ein spezieller Bohrkopf aus Italien wurde gekauft, ebenso für fast 800.000 Euro Satellitenantennen eines schwedischen Herstellers, die als besonders robust gelten und auch unter Wasser eingesetzt werden können.

Adressat einiger Sonar-Lieferungen sei eine russische Firma, die nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden im Jahr 2014 von einem russischen Rüstungskonzern beauftragt wurde, an der Umsetzung des geheimen Unterwasserspionageprojekts „Garmonija“ mitzuwirken – das bedeutet übersetzt: Harmonie.

Nach Recherchen eines Medienverbundes aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, die mit Journalisten aus skandinavischen Ländern im sogenannten „Russian-Spy-Ships-Project“ zusammengearbeitet haben, wurde erstmals detailliert offengelegt, wie Russland mithilfe einer Forschungsschiff-Flotte und als „Fischtrawlern“ getarnten Spionageschiffen systematisch die kritische Infrastruktur in der Nord- und Ostsee ausspionierten.

Identifiziert wurden dabei russische Schiffe, die tagelang in unmittelbarer Nähe zu großen Windparks an der Ostküste Großbritanniens und über den Nord Stream 2-Pipelines registriert wurden, wenige Tage, bevor es zu Sprengungen der Gasleitungen kam. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, wer hinter dem Anschlag steckt, ebenso für mehrere weitere Anschläge auf Unterwasserkabel zwischen Schweden und Lettland sowie in Norwegen verantwortlich ist.

Bildquelle:

  • Windpark_Meer: pixabay / brisch27

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