KIEW – Russische Truppen haben nach Angaben des Präsidentenamts in Kiew im überschwemmten Kriegsgebiet Cherson auf ein Rettungsboot mit Zivilisten geschossen. Drei Menschen kamen ums Leben, zehn wurden verletzt, wie die Behörden mitteilten.
«Russen sind feige Terroristen», teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram am Sonntag mit. «Sie haben den Zivilisten in den Rücken geschossen.» Die Verletzten hätten es über den Fluss Dnipro bis in die Stadt Cherson geschafft, die von ukrainischen Kräften kontrolliert wird.
Der Großteil des Gebiets Cherson ist von russischen Truppen besetzt. Die Kriegsparteien werfen sich seit Tagen gegenseitig Beschuss vor, während nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms dort Helfer versuchen, Bewohner ins Trockene zu bringen. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich häufig nicht unabhängig bestätigen.
Mann wollte Frau schützen und wird getötet
Der ukrainische Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, teilte mit, dass ein 74 Jahre alter Mann tödliche Schusswunden erlitten habe, während er mit seinem Körper eine Frau schützen wollte. Auf dem Boot seien insgesamt 21 Menschen gewesen, die sich in Sicherheit bringen wollten, teilte das Innenministerium in Kiew mit und veröffentlichte dazu Fotos der Geretteten. Immer wieder holen Rettungskräfte auch Menschen von der linken Dnipro-Uferseite, die unter russischer Kontrolle steht. Dabei gibt es unabhängig von dem großen Fall immer wieder Verletzte. Der Generalstaatsanwalt gab ihre Zahl am Sonntag mit insgesamt 23 Menschen an.
Nach der Zerstörung des Staudamms am Dienstag wurde die Zahl der Hochwasseropfer mit inzwischen 14 angegeben, davon acht in dem von Russland kontrollierten Teil des Gebiets Cherson. Tausende Menschen wurden auf beiden Seiten in Sicherheit gebracht. 35 Menschen gelten im Gebiet Cherson noch als vermisst, darunter sieben Kinder.
Das Hochwasser sinkt inzwischen. Laut Militärgouverneur Prokudin verringerte sich die Fläche des überschwemmten Gebiets von 139 auf nun noch 77,8 Quadratkilometer. Experten sprechen von einer schweren Umweltkatastrophe.
Bildquelle:
- Cherson: dpa