BERLIN – BERLIN – Es war ein Szenario, wie wir und unsere Kinder und Enkel es hoffentlich nie erleben müssen. Aber es war auch nur eine Übung mit einem ernsten Hintergrund. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die stabile Friedensordnung in Europa nachhaltig erschüttert. Die Gewissheiten von einst zählen nur noch bedingt, Deutschland und unsere NATO-Partner bereiten sich auf schlimme Szenarien vor. Sie müssen sich vorbereiten, weil nicht auszuschließen ist, dass sich der Psychopath im Kreml als größter Staatsirrer seit Adolf Hitler in den Geschichtsbüchern verewigen will. Drohungen aus Moskau über Raketenangriffe auf Deutschland gibt es in den vergangenen Monaten andauernd, Sabotageakte auf Schiffe der Bundesmarine, Brandbomben in Paketen in Flugzeugen von DHL, Hackerangriffe auf Behörden und das Ausspähen kritischer Infrastruktur – das ist keine Vision, das ist seit Monaten bittere Realität, auch wenn ein Teil der Deutschen immer noch glaubt, wenn sie die Augen schließen und laut „Nie wieder Krieg“ rufen, dann wird alles gut.
Vergangene Nacht, zwischen null und ein Uhr begann in der deutschen Hauptstadt die Übung für den Ernstfall.
Deutschland wird angegriffen, in den Straßen Berlins herrscht blankes Chaos, Menschen und Autos verstopfen alle Flucht- und Zugangswege, Geschäfte werden geplündert, in den U-Bahnhöfen greifen Saboteure Waggons an. Rauch wabert über die Bahnsteige, es fallen Schüsse, Tote liegen auf den Bahnsteigen. Was hat Deutschland in einem solchen Fall zu bieten außer weiße Fahnen zu schwenken und sich in den Staub zu werfen?
Eine ganze Menge offenbar
Am U-Bahnhof Jungfernheide probten Soldaten der Bundeswehr vergangene Nacht, wie sie auf ein solches Schreckensszenario reagieren würden. „Bollwerk Bärlin III“ heißt die mehrtägige Übung. Die Soldaten, die hier die Treppen in den Tunnel hinunterlaufen, gehören zum Wachbataillon, jenem Verband, der sonst beim Bundespräsi8denten Spalier für Staatsgäste aus aller Welt steht. Oberstleutnant Maik Teichgräber, Kommandeur des Wachbataillons, erklärte gegenüber der WELT: „Wir üben hier, weil Berlin unser Einsatzraum ist. Im Spannungs- und Verteidigungsfall schützen wir die Einrichtungen der Bundesregierung. Und die liegen nun einmal hier.“
Also eben nicht nur Spalier stehen bei Staatsbesuchen. Die Männer und Frauen des Wachbataillons sind richtige Soldaten, die im Ernstfall mit ihren Waffen umzugehen wissen. 250 Soldaten waren gestern Nach mit 50 Fahrzeugen an drei Standorten in Berlin im Einsatz. Im stillgelegten Chemiewerk in Rüdersdorf, auf dem Polizeigelände „Fighting City“ in Ruhleben – und im U-Bahnhof Jungfernheide.
30 schwer bewaffnete Bundeswehrsoldaten stürmten, ihre Schnellfeuergewehr im Anschlag, den Bahnsteig, wo ein Zug von angeblichen Saboteuren unter Kontrolle gebracht wurde.
Aus dem hinteren Zugteil waren Hilferufe und Schüsse zu hören. Die Waggons sichern, Verletzte bergen und Gegner festsetzen – so der Einsatzbefehl. Und die Übung ist noch nicht vorbei.
Bis zum 21. November werden weitere Angriffsszenarien und ihre Abwehr in der Hauptstadt geübt. Ohne Aufregung, mehr mit Sachlichkeit und großer Ernsthaftigkeit.
„Wir müssen vorbereitet sein“, bekräftigt ein Soldat gegenüber Reportern, als morgens um 4 Uhr aufgeräumt wird in der U-Bahn-Station. Die ruhigen Zeiten, wo man die Bundeswehr als „Trachtengruppe“ schmähte, die den Feind so lange unterhält, bis die Amis kommen, sind augenscheinlich vorbei. Das bekräftige mit gegenüber ein langjähriger Freund, der seit 25 Jahren an Wehrübungen teilnimmt. „So intensiv und ernsthaft wie dieses Jahr war es noch nie…“
Und das ist gut so!
Bildquelle:
- Bundeswehr_Häuserkampf: bundswehr
