Schwefel, Reis und Traditionen: Urlaub auf dem Feuergürtel der Erde

Ramang-Rammang heißt die Karstlandschaft auf Sulawesi, die auf einer Bootstour bequem erkundet werden kann. Das Gebiet ist von Makassar aus gut zu erreichen.

von CHRISTIANE FLECHTNER

JAKARTA – Die Luft ist beißend, und der Schwefeldampf zieht in weißen undurchsichtigen Schwaden vorüber. Das Atmen durch den Mundschutz fällt schwer, und das Kratzen im Hals wird stärker. Und doch machen sich Tag für Tage Tausende von Touristen auf den Weg dorthin. Es ist der Vulkan Ijen, zu dem es sie zieht. Für die Strapazen des teilweise extrem steilen Aufstiegs entschädigt die Touristen der spektakuläre Anblick des türkisfarbenen Schwefelsees, der sich im Ijen-Krater gebildet hat. Dort sind die Touristen aus aller Welt jedoch nicht allein, sondern sie begegnen immer wieder Arbeitern, die hier ohne Schutzmasken in den ätzenden Dämpfen die Schwefelbrocken am Ufer des Kratersees abbauen und dann in bis zu 75 Kilogramm schweren Körben mühsam nach oben tragen. Es ist wohl einer der härtesten Jobs der Welt – und dient der Herstellung von Streichhölzern.

Der Ijen ist einer von 35 hochaktiven kaum berechenbaren Feuerbergen auf der indonesischen Insel Java – und die Vulkane sind ein Hauptgrund, warum Touristen sich so sehr von diesem Land mit seinen rund 17.500 Inseln angezogen fühlen. Die Inselkette befindet sich in einer Region, die zu den geologisch instabilsten der Welt gehört, und für das ständige „Grummeln im Bauch“ von Java, Bali und vielen anderen Inseln sind zwei Kontinentalplatten verantwortlich.

Auch der Vulkan Bromo ist ein beliebtes Ziel: Wer den rauchenden Koloss und seine Nachbarvulkane im Gesamtbild erleben möchte, der muss früh aufstehen: Um 2.30 Uhr geht es von der Java View Lodge zu Fuß am Krater des Tengger entlang bis zum Seruni Point. Besten Blick haben Frühaufsteher am 2.700 Meter hohen G. Pananjakan Point. Indonesier warten an kleinen Ständen mit heißem Kaffee, Tee oder Nudelsuppe auf, um die Zeit bis zum Sonnenaufgang angenehm zu machen und die nächtliche Kälte zu vertreiben. Dann plötzlich erheben sich die Vulkane wie eine Fatamorgana aus den Frühnebelschwaden, und der Sonnenaufgang taucht das gesamte Krater-Massiv in goldenes Licht.

Doch zurück zum Schwefelvulkan

Der 62-jährige Unaini ist der älteste Arbeiter, der die Körbe voller gelber Schwefelbrocken in Zeitlupentempo an den staunenden Touristen vorbei trägt. Sein Rücken ist gebeugt, seine Zähne zum Großteil ausgefallen. „Ich mache das seit 40 Jahren“, sagt er. „Und ich schaffe es immer noch, 60 Kilogramm auf einmal hochzutragen“, sagt er stolz. Das muss er auch, damit sich die Arbeit lohnt. Der Weg zur Wiege- und Abladestation der Chinesischen Firma ist weit, der Weg bis zu 45 Grad steil. Und für ein Kilogramm Schwefelbrocken erhält er gerade einmal 1.000 Rupien – etwa 70 Cent. Zwei bis drei Aufstiege schaffen die Arbeiter pro Schicht, die meist gegen Mitternacht beginnt. Für Uiani ist das ein Lohn von kaum mehr als 10 Euro. „Ich habe Glück, denn ich bin immer noch am Leben, um meine Familie zu ernähren“, sagt er. Es ist still unter den Touristen. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Wie oft hat man schon gedankenlos ein Streichholz angezündet, ohne zu wissen, wo der kleine bunte brennbare „Kopf“ herkommt.

Inselwechsel – es geht ins 1.100 Kilometer entfernte Makassar auf Sulawesi Bunt und staubig ist es hier in der fünftgrößten Stadt Indonesiens. Und an der Uferpromenade der 1,6 Millionen-Metropole werden die ersten Snacks aus den Garküchen probiert: Pisang – gebratene Kochbananen. Touristen sind hier immer noch selten – und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die Einwohner ihre Handys zücken, um die Fremden mit ihrer hellen Haut zu fotografieren.

Am nächsten Tag kämpft sich der Bus auf schmalen Straßen in Richtung Norden. Die abgelegene Gegend Tanah Toraja im bergigen Hochland Südsulawesis ist das Ziel – eine fremde Welt voller uralter Traditionen. Rund um die kleine Stadt Rantepao leben noch rund 750.000 Toraja in ihren hölzernen Wohnhäusern mit Satteldach in Form eines Schiffsrumpfes. Der eigene Tod gilt bei ihnen als bedeutendster Höhepunkt der irdischen Existenz. Auf einer ganztägigen Entdeckungsreise durch die Dörfer treffen wir überall auf Zeugnisse dieses tief verwurzelten Totenkults. Die Felsengräber, die in mühevoller Handarbeit über Monate in den Stein gehauen wurden, werden von den „Tau Tau“ bewacht, lebensgroßen hölzernen Abbildern der Verstorbenen. „Die Toraja glauben an ein Weiterleben von Mensch und Tier nach dem Tod“, erklärt die Indonesierin Afni Prawesti. „Die Seele verlässt den Körper und begibt sich nach Puya, dem Reich der Toten. Hier setzt die Seele des Verstorbenen sein Leben fort.“ Ausgehend vom Glauben, dass auch die Seelen geopferter Schweine und Büffel den Toten begleiten, werden bei den riesigen Begräbniszeremonien eine der sozialen Stellung des Toten angemessene Zahl von Tieren geopfert werden.

Auf einer ganztägigen Entdeckungsreise durch die Dörfer treffen wir überall auf Zeugnisse dieses tief verwurzelten Totenkults. Die Felsengräber, die in mühevoller Handarbeit über Monate in den Stein gehauen wurden, werden von den „Tau Tau“ bewacht, lebensgroßen hölzernen Abbildern der Verstorbenen. „Die Toraja glauben an ein Weiterleben von Mensch und Tier nach dem Tod“, erklärt die Indonesierin Afni Prawesti. „Die Seele verlässt den Körper und begibt sich nach Puya, dem Reich der Toten.“ Ausgehend vom Glauben, dass auch die Seelen geopferter Schweine und Büffel den Toten begleiten, werden bei den riesigen Begräbniszeremonien eine der sozialen Stellung des Toten angemessene Zahl von Tieren geopfert werden.

Uns wird die besondere Ehre zuteil, an einer großen Begräbniszeremonie teilzunehmen

Kein leichter Tag für zartbesaitete Gemüter, denn mehr als zehn Büffel und rund 200 Schweine werden auf dem Platz geschlachtet, der im Tierblut versinkt. Dennoch ein bedeutender Tag – schließlich gibt es im Zeitalter der Globalisierung immer weniger solcher traditionsbehafteten Altvölker.

Vorbei an tiefen Wäldern, an saftiggrünen Hügeln und kleinen Dörfern mit Kindern in Schuluniformen geht es weiter. Wo kommt unser Kaffee her? Der Tabak? Der Kakao? Die getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaumes, die bei uns in jede Lebkuchenrezeptur gehören? Und wie mühsam ist doch der Reisanbau? Denn Reisanbau ist Handarbeit! Der Rücken ist gebeugt, wenn Setzling um Setzling einzeln ins knietiefe Wasser gepflanzt wird. Jeder Handvoll Reis geht so kräftezehrende Arbeit voraus – zehnmal mehr als für andere Feldfrüchte.

Bilder dieser schweren Arbeiten brennen sich bei Wanderungen und Fahrten über die Inseln ein. Auch Bilder von Plastikmüll gibt es zuhauf, denn das Fast Food, die Einwegverpackung und die Plastiktüte haben Einzug in den indonesischen Alltag gehalten. Aber eine Müllabfuhr gibt es nicht. Und so transportieren Flüsse neben Wasser auch unendlich viel Plastik und Konservendosen in Richtung Meer. Auch die Armut ist allgegenwärtig: Wellblechhütten als Unterkunft, notdürftig mit Plastikplane geflickt, säumen die Straßen. Schließlich müssen immer noch knapp 40 Millionen Indonesier von weniger als einem Euro am Tag leben. Das macht sich überall bemerkbar, und das macht nachdenklich.

Und dennoch überwiegt die Neugier auf die fremden Kulturen, die aufgeschlossenen Menschen. Und das gilt auf beiden Seiten. Wer sich darauf einlässt, wird mit unvergesslichen Eindrücken nach Hause kommen. Indonesien ist jedoch kein „Spaziergang“, von dem man unverändert zurückkehrt, sondern eine Berg- und Talfahrt der Eindrücke und tiefer Gefühle, die einen mit einem anderen Blickwinkel auf die Welt wieder in den Alltag entlässt.

Infos unter www.wikinger-reisen.de

Bildquelle:

  • Sulawesi_Indonesien: christiane flechtner

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