DEN HAAG – Der Gas- und Ölkonzern Shell ist im dritten Quartal wegen der Turbulenzen auf den Rohstoffmärkten überraschend in die roten Zahlen gerutscht. Unter dem Strich stand in den Monaten Juli bis September ein Verlust von 447 Millionen Dollar (385 Mio Euro) nach einem Gewinn von 3,4 Milliarden Dollar im zweiten Quartal, wie der britisch-niederländische Konzern am Donnerstag mitteilte. Grund war eine Abschreibung von 5,2 Milliarden Dollar auf die Bewertung von Terminkontrakten für Rohstoffe, die das Unternehmen zur Absicherung von Schwankungen auf den Märkten abgeschlossen hatte. Nun sorgt Shell erneut für Schlagzeilen in den internationalen Wirtschaftsnachrichten: Der niederländisch-britische Ölkonzern wird seine Doppelstruktur aufgeben und ganz nach London ziehen, wo zukünftig der alleinige Steuersitz sein wird.
Auch der Vorstandsvorsitzende Ben van Beurden und seine Finanzchefin Jessica Uhl ziehen in die britische Metropole um. Einschwerer Schlag für Den Haag. Man sei „unangenehm überrascht“ formulierte der geschäftsführende Wirtschaftsminister Stef Blok von der rechtsliberalen Partei VVD des Ministerpräsidenten Mark Rutte in einer ersten Stellungnahme.
Shell begründete die Entscheidung unter anderem mit einer einheitlichen Aktienstruktur, die dem Unternehmen Rückkäufe erlaube. Die Anteilseigner sollen am 10. Dezember über den Plan abstimmen. Aus dem offiziellen Namen „Royal Dutch Shell“ werden sowohl das „Königliche“ als auch das „Niederländische“ gestrichen, der Konzern heißt dann nur noch Shell.
Über die Gründe für den Abzug von Shell vor kurzem auch dem Anzug des Lebensmittel- und Waschmittelkonzerns Unilever von Rotterdam nach London wird viel spekuliert. Denn die Niederlande, fünftgrößte Volkswirtschaft der Eu, gelten als ausgesprochen wirtschaftsfreundlicher Standort mit einer phantastischen Infrastruktur mit dem internationalen Flughafen Schiphol und dem gewaltigen Hafen von Rotterdam. Vele internationale Konzerne haben ihren Sitz deshalb in den Niederlanden.
Analysten gehen davon aus, dass bei Shell und Unilever auch die sogenannte Dividendensteuer eine entscheidende Rolle gespielt haben wird. Rutte hatte deshalb schon vor Jahren geplant, diese Steuer, die es in Großbritannien nicht gibt, abzuschaffen. Doch letztlich tauschte Unilever seine Führung aus und zog um.
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