Sie sollten Armin Laschet wirklich nicht unterschätzen…

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach einer wirklich chaotischen, für eine Volkspartei unprofessionellen, ja unwürdigen, digitalen Vorstandsitzung haben sich die führenden Köpfe der Partei Adenauers und Kohls mit einer nicht beeindruckenden aber ausreichenden Mehrheit für Armin Laschet als gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU für den Wahlgang am 26. September entschieden. Lag am Morgen danach – ich liebe diesen Begriff – in Unionskreisen eine gewisse Spannung in der Luft, ob die düpierte Basis, die Söder favorisiert hatte, sich mit der Entscheidung für den Mann aus Aachen, der in allen Umfragen schlecht abschneidet, diese Entscheidung ohne Zoff hinnehmen würde, so bewies CSU-Chef Markus Söder um 12 Uhr in München, dass er beim Kandidatenwettstreit zumindest auch gewonnen hat.

Söder zeigte Statur, sagte, die Union müsse jetzt geschlossen zusammen in die Schlacht ziehen, und versprach Armin Laschet für den Sturm aufs Kanzleramt die engagierte Unterstützung seiner CSU. Chapeau dem forschen Markus aus dem Frankenland! Als um 14 Uhr die gemeinsame Bundestagsfraktion aus CDU und CSU zusammenkam, war die Abstimmung in der Nacht gar kein Thema mehr. „Roma locuta, causa finita“, formuliert man so etwas in vatikanischen Kreisen: Rom hat entschieden, die Sache ist erledigt. Und nicht viel anders geht das in der Christenunion zu.

Nun also Armin Laschet in den Fußstapfen von Adenauer, Kohl und…leider auch…Angela Merkel, dem größte Missverständnis in der Geschichte der Christlich-Demokratischen Union. Am Nachmittag veröffentlichte das „Forsa“-Institut eine Umfrage, nach der die Union bei der Sonntagsfrage sieben Prozent verloren habe und nun deutlich hinter den Grünen zurückliege im Rennen ums Kanzleramt. Telefonate mit anderen Meinungsforschern bestätigten mir am frühen Abend, dass niemand von denen diese Zahlen von FORSA ernst nimmt. Union minus ein oder zwei Prozent, aber sieben im Laufe weniger Stunden? Ich bitte Sie, so schlimm ist Armin Laschet dann auch wieder nicht.

Armin Laschet ist ein Politiker, der in der alten rheinisch-katholischen CDU sozialisiert wurde, so wie ich auch. Die hatte einen klaren Kompass, war pro Europa, transatlantisch, marktwirtschaftlich, christlich-sozial und, ja, katholisch geprägt. Niemand zweifelte am Status der Ehe, niemand liebäugelte mit dem Sozialismus oder gar der Sowjetunion. Der Mauerstaat war das Böse, unsere Brüder und Schwestern im anderen Teil Deutschland mussten gerettet werden vor den SED-Bolschewiki.

Wie ich diese Zeiten manchmal vermisse. Heute im bunten Deutschland der Vielfalt muss ich morgens entscheiden, welches Geschlecht ich heute haben will, und ich muss gegen die Klimaerwärmung kämpfen, während ich im April gleichzeitig vor dem Haus den Schnee schippe.

Armin Laschet wird sich noch an die Zeiten erinnern. Seine Mutter Hausfrau, sein Vater Bergmann, er wurde Mitglied zweier katholischen Studentenverbindungen, war sogar mal Chefredakteur des katholischen Bistumsblatts. Er kennt die katholische Amtskirche mit allen Höhen und sicher auch vielen Tiefen. Armin Laschet ist ein rheinischer Jung, er kann Karneval, Orden verleihen, Schützenfest. Ja, sollte er Kanzler werden, wird er sicher nicht Merkel 2.0 sein, wie viele schon seit Monaten ätzen.

Als BILD-Redakteur, der für die Landespolitik in NRW zuständig war, hatte ich in den Jahren 2005 bis 2007 häufig mit ihm zu tun. Er war im Kabinett Rüttgers der erste Integrationsminister der Republik. Ich habe ihn als sympathischen Menschen erlebt und wir rauchten immer mal wieder diese kleinen Zigarillos von Petit Nobel zusammen in seinem Büro. Gute, alte Zeiten. Aber auch verdammt lange her.

Und es sagt alles auch nichts darüber aus, was uns politisch erwarten würde, wenn er „da rein“ kommt, ins Kanzleramt an der Spree. Aber seine bedingungslose Unterstützung für den erkennbar dramatisch falschen Kurs Merkels in der Flüchtlingspolitik und bei der sogenannten „Eurorettung“ hat viele treue Unionsanhänger auf Abstand zu ihm gebracht. Flüchtlinge aufnehmen, Verfolgten helfen – natürlich. Aber das konsequente Wegschauen gegenüber Gewalt durch Migranten und das Kuscheln seiner Landesregierung mit islamistischen Netzwerken in NRW – das passt nicht zu einem Christdemokraten, der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden will.

Wir werden sehen, wie sich Armin Laschet in den kommenden fünf Monaten schlägt, an deren Ende es vielleicht ja erst losgeht. Im nächsten Bundestag werden voraussichtlich CDU-Schwergewichte wie Friedrich Merz (Wirtschaft) und Hans-Georg Maaßen (Innere Sicherheit) Platz nehmen, auch wieder viele der konservativen Abgeordneten des Berliner Kreises wie Sylvia Pantel, Klaus Peter Willsch, Veronika Bellmann, Saskia Ludwig und andere. Diese Leute könnten ein Trumpf für Laschet sein, wenn er so stark ist, diese Leute in seine zukünftige Politik einzubinden. Das wäre klug, und Merz und Maaßen im Kernteam für die Bundestagswahl und dann in die Regierung, dann würde die Union schnell auch wieder sieben Prozent zulegen. Vielleicht nicht bei FORSA, aber in echt.

Keine Ahnung, ob er das wagt, ob er sich einen solchen Schritt unter dem Interviewfeuer all der linksgestrickten Broks, Polenzes und Radtkes trauen würde. Ich tendiere zu der Ansicht, dass er es nicht wagen wird.

Aber eins ist ganz klar: Unterschätzen Sie niemals Armin Laschet! Hannelore Kraft, Friedrich Merz und Markus Söder wissen, was ich meine.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.