TV-KRITIK MAISCHBERGER: Spannend wird es erst, als ein CSU-Mann den bayerischen Weg erklärt

von MARTIN D. WIND

Gegen Ende hin wurde es richtig lebendig: Bei Sandra Maischbergers in der ARD fegte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in atemberaubendem Tempo der Berliner Staatssekretärin Schawsan Chebli dermaßen die Argumente um die Ohren, dass dieser das mokante Grinsen aus dem Gesicht rutschte. Es ging um das leidige Thema Leitkultur. Ausgehend von Thesen des Bundesinnenministers Thomas de Maizière, sollten die fünf Gäste der Talkerin sich unter dem Thema „Beethoven oder Burka – Braucht Deutschland eine Leitkultur?“ daran abarbeiten, ob es dem Minister tatsächlich die Integration voranbringen oder lediglich „Rechtspopulisten“ Wähler abjagen wolle. Im Studio saßen, neben den bereits erwähnten Herrmann und Chebli, auch die Publizistin Birgitt Kelle, der „Stern-Autor“ Hans-Ulrich Jörges und eine Profi-Tänzerin und Schauspielerin namens Motsi Mabuse.

Der Abend hätte spannend werden können. Aber man war sich erst mal zu einig. Niemand wollte jemanden ausgrenzen, alle hatten alle lieb und Forderungen, wie „Leistungswille“ sind nicht urdeutsch, wie Chebli sinngemäß zum besten gab. Jörges machte auf Klassenkasper und wischte die  Debatte apodiktisch vom Tisch: de Maizières Aufgalopp sei lediglich Wahlkampf. Der Minister wolle damit sein Amt retten. Da mag etwas dran sein, Maischberger beendete die Show dennoch nicht.

Immerhin einigte man sich auf Birgit Kelles Anregung hin darauf, die Debatte als notwendig zu akzeptieren. Auch ihre These, das Verweigern eines Handschlages aus sexistischen Gründen sei keinesfalls hinnehmbar, blieb ohne Widerspruch. Der Ansatz wurde von Herrmann dankbar aufgegriffen, um endlich formulieren zu können, dass die wichtigste Frage sei, wohin man denn integrieren wolle. Das sei nicht geklärt. Schön. Wäre da nicht Klassenkasper Jörges gewesen, der wieder pseudowitzig alles als „reinen Wahlkampf“ abtat. Das hätte erneut das Ende der Runde sein können.

Unbekümmert konterte Kelle: „Lassen wir das Papier einfach weg“. Danke, Frau Kelle! Auf dieser Grundlage konnte es erneut losgehen. Wunderliche Töne kamen da von der SPD-Staatssekretärin. „Es gibt so vieles in diesem Land, worauf wir stolz sein können.“ Erstaunlich für eine Politikerin einer Partei, die „Stolz“ auf nicht selbst Geleistetes ablehnt. Wieder bringt der bayerische Innenminister Struktur in das Gespräch, indem er an das Handschlagbeispiel anknüpft. Er fordert, dass ein Arbeitgeber, der Probleme mit einem Handschlag verweigernden Angestellten habe, nicht als „Rassist“ dargestellt werden dürfe.

Damit nun keiner meint, dass nur Muslime den Handschlag verweigern können, erfahren wir von Chebli einen Schwank aus ihrem Leben: In New York sei sie auf orthodoxe Juden getroffen und habe diesen die Hand entgegengestreckt. Und sie bezichtigt sich selbst der Kulturunsensibilität. Ja Himmel, jetzt sind wir aber froh, dass erneut ein SPD-Mitglied Probleme mit Juden thematisiert, die ja bekanntlich auch so zahlreich den deutschen Alltag bereichern.

Hart aber herzlich am Thema bleibt Kelle: Sie bringt die Burka als Instrument der Frauenunterdrückung ins Spiel. Chebli sieht die Erwähnung der Burka als Generalangriff auf alle Musliminnen, der die Gesellschaft spalte. Am liebsten würde sie darüber nicht reden, denn in Deutschland gelte ja das Grundgesetz. Was das nun wiederum mit der Entindividualisierung und Entwürdigung der Frauen durch den Ganzkörperschleier zu tun haben soll, erschließt sich nicht. Und so dümpelt die Diskussion an der Oberfläche, man belauert sich, alle achten darauf kein „falsches Wort“ zu sagen, bis kurz vor das Ende der Sendung:

Da beginnt Herrmann über gelungene Integration zu reden. Er erwähnt, dass München relativ mehr Ausländer habe, als Berlin. Er zeigt auf, dass diese gut integriert sind und weit weniger Probleme haben und bereiten als  Migranten in Berlin. Er verweist auf die Bildungserfolge in bayerischen Migrantenkreisen. Da endlich kommt Spannung auf. Und kaum gerät Chebli unter Druck geht sie in den Angriffsmodus: „Die CSU redet aber anders als sie handelt. Sie heizt die Stimmung an.“ Herrmann kommt leider nicht mehr dazu ihr zu erklären, dass die klare Anspruchshaltung der bayerischen Politik gegenüber den Migranten diese Erfolge der Integrationspolitik bedingt. Denn jetzt beendet Maischberger die Sendung. Schade.

Bildquelle:

  • Maischberger_10.05.17_2: kelleCOM

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