Ukraine-Krieg aktuell: Strom, Wasser, Post – in den befreiten Gebieten wird Normalität versucht

ARCHIV - Ein ukrainischer Soldat steigt auf einen Schützenpanzer im Donbass. Foto: Diego Herrera/XinHua/dpa

KIEW – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sein Land in ehemals von russischen Truppen besetzten Orten und Städten mit massiven Herausforderungen konfrontiert.

Der Umfang der Arbeit für eine Wiederherstellung des normalen Lebens sei «wirklich enorm». Ihm zufolge sind im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang 2500 bis 3000 ukrainische Soldaten getötet worden. Angaben aus Kiew zufolge dauerte Beschuss durch russische Truppen an. Moskau verschickt Protestnoten an jene Länder, die der Ukraine Waffen liefern.

Die ukrainischen Behörden setzten die Wiederherstellung des normalen Lebens in den Gebieten fort, die wieder unter ukrainischer Kontrolle seien, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft in der Nacht zu Samstag. Der Umfang der Arbeit in den 918 Orten und Städten unterschiedlicher Größe sei massiv. Man führe Entminungsarbeiten durch, stelle die Versorgung der Orte mit Strom, Wasser und Gas wieder her. Auch die Polizei, Post und lokale Behörden nähmen ihre Arbeit wieder auf. Zugverbindungen seien etwa in der Region Sumy im Nordosten des Landes wieder eingerichtet oder stünden etwa mit der Stadt Tschernihiw im Norden kurz vor der Wiederaufnahme.

Humanitäre Stäbe habe man bisher in 338 derartigen Orten etabliert. Diese stellten unter anderem notfallmedizinische Versorgung bereit, sagte Selenskyj. Auch Schulen und andere Bildungseinrichtungen sollen dort, wo dies möglich sei, wieder aufgenommen werden. Russische Truppen hätten mit Stand Freitag 1018 Bildungseinrichtungen in dem Land zerstört oder beschädigt, sagte Selenskyj. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Ukraine: Große Zerstörung in Sjewjerodonezk

Durch den russischen Angriffskrieg nahm nach ukrainischen Angaben auch die Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk großen Schaden. Laut dem Chef der Militärverwaltung der Stadt, Olexandr Strjuk, ist die Stadt zu rund 70 Prozent zerstört. Die wichtigsten Straßen seien erheblich beschädigt und auch die Wasserversorgung sei bis zur Durchführung von Reparaturarbeiten eingestellt, sagte Strjuk im ukrainischen Einheitsfernsehen. Von den rund 130 000 Bewohnern vor dem Krieg seien nur mehr etwa 20 000 Menschen vor Ort, sagte er.

Ukraine: Mindestens zehn Tote nach Beschuss von Charkiw

Bei einem Beschuss des Industriebezirks der ostukrainischen Metropole Charkiw sollen ukrainischen Angaben zufolge mindestens zehn Menschen getötet worden sein. Unter den Opfern sei ein sieben Monate altes Baby, teilte die Staatsanwaltschaft des Gebietes Charkiw am Freitagabend auf Facebook mit. Die Ukraine berichtete zudem über einen russischen Luftangriff auf einen Flugplatz in der Stadt Olexandrija im Gebiet Kirowohrad in der zentralen Ukraine. Die Rettungsarbeiten liefen, schrieb der Bürgermeister Serhij Kusmenko auf Facebook. Über Schäden oder Opfer gab es zunächst keine Angaben.

Selenskyj: 2500 bis 3000 getötete ukrainische Soldaten

Seit Beginn der russischen Invasion sind nach Angaben aus Kiew bislang 2500 bis 3000 ukrainische Soldaten getötet worden. Das sagte Selenskyj laut Übersetzung dem US-Fernsehsender CNN in einem Interview, das am Freitag in ersten Auszügen verbreitet wurde. Er berichtete zudem von etwa 10 000 verletzten Soldaten auf ukrainischer Seite. Es sei schwer zu sagen, wie viele davon überleben würden. Selenskyj zufolge sollen auf der Seite Russlands bereits 20 000 Soldaten getötet worden sein. Moskau sprach zuletzt von etwa 1350 getöteten Militärs in den eigenen Reihen.

Selenskyj: Nächstes Sanktionspaket muss Ölembargo beinhalten

Selenskyj hat erneut schärfere Sanktionen gegen Moskau gefordert. «Das nächste Sanktionspaket gegen Russland muss einen Verzicht auf russisches Öl beinhalten», sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Die aktuellen Strafmaßnahmen gegen Russland nannte Selenskyj «ernst», aber nicht ausreichend. «Wir fordern stärkere, zerstörerische.» Der Krieg könne auch verkürzt werden, wenn Kiew rasch alle geforderten Waffen erhalte.

Russland verschickt wegen Waffenlieferungen Protestnoten

Russland sandte wegen Waffenlieferungen an die Ukraine Protestnoten an mehrere westliche Länder. Darunter seien auch die USA, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur Interfax zufolge. Nach Angaben der US-Tageszeitung «Washington Post» warnt Moskau in dem Schreiben, dass solche Lieferungen «unvorhersehbare Folgen» haben könnten.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor sieben Wochen hat die Ukraine Waffen aus vielen Ländern bekommen. Deutschland will seine Rüstungshilfe an Partnerländer auf zwei Milliarden Euro aufstocken. Das Geld soll überwiegend der Ukraine zugute kommen.

Selenskyj: Fragebogen zu EU-Beitritt fast abgeschlossen

Die Ukraine hat die Antworten für einen Fragebogen für einen EU-Beitritt nach Angaben von Präsident Selenskyj fast fertig. «Die Arbeit ist fast abgeschlossen, und wir werden die Antworten bald den Vertretern der Europäischen Union zur Verfügung stellen», sagte er in seiner Videobotschaft. Der Fragebogen gilt als Grundlage für Beitrittsgespräche.

Auswirkungen auf Logistikbranche

Der Krieg in der Ukraine hat nach den Worten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) starke Auswirkungen auch auf die Logistikbranche in Deutschland. «Die Lieferketten sind stark beeinträchtigt», sagte Wissing dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Die Seidenstraße etwa werde weniger genutzt, weil Spediteure Risiken eingehen, wenn sie Waren darüber beförderten. Allein in Polen fehlten rund 100.000 ukrainische Lastwagenfahrer, weil sie zum Wehrdienst einberufen worden seien. Auch hohe Energiepreise machten der Branche zu schaffen.

Das wird heute wichtig

In mehreren deutschen Städten sind am Samstag Ostermärsche der Friedensbewegung geplant. Die Kundgebungen richten sich vor allem gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. In Berlin geht die Diskussion um die Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine weiter.

Bildquelle:

  • Donbass: dpa

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